Gesellschaft „Die Szene in der Innenstadt erreichen wir aktuell nicht“

Eine schnelle Lösung für die Drogenszene ist nicht in Sicht.

 Das Café Cosa wurde wegen der Kobö-Haus-Sanierung geschlossen. Eine Alternative gibt es bisher nicht.

Das Café Cosa wurde wegen der Kobö-Haus-Sanierung geschlossen. Eine Alternative gibt es bisher nicht.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

„Das ist skandalös und inakzeptabel, eine Drogenpolitik der 80er-Jahre.“ Diese Worte kommen von Leonhard Schilbach; der Psychiater beschäftigt sich in seinem Beruf nicht selten mit Drogenabhängigen und lebt seit einem Jahr in Wuppertal. Er empört sich über die unklare Handhabung suchtkranker Menschen in Elberfelds Zentrum. „Ungünstig“ sei die aktuelle Lage sowohl für die Betroffenen, die in der Innenstadt keinen Rückzugsort finden, als auch für alle Anwohner. „Mein Eindruck ist: Da wird nicht genug getan“, sagt er und fordert eine angemessenere Übergangslösung als die jetzige.

Ursprünglich bot das 2007 eröffnete Café Cosa im Köbo-Haus am Döppersberg der Szene einen Aufenthaltsort und gleichzeitig die Möglichkeit, dort eine feste Beschäftigung zu finden. Im Rahmen des Döppersberg-Umbaus musste das Café allerdings weichen. Vor zwei Jahren zog die Suchtkranken-Hilfe dann an den nahegelegenen Kirchplatz; auch dort war nach Kritik schnell Schluss. „Die öffentliche Meinung war sehr gegen uns“, berichtet Garry Kasper, Geschäftsführer des Freundes- und Förderkreises Suchtkranke.

Eigentlich hätte der Verein schon vor längerer Zeit im geplanten Wupperpark Ost gegenüber dem alten Standort unterkommen sollen, doch dessen Bau hat sich mehrmals verzögert. Voraussichtlich erst im zweiten Quartal des Jahres 2021 wird an dieser Stelle das Café Cosa wiedereröffnen können.

Vorübergehend sind Räume in Unterbarmen an der Friedrich-Engels-Allee eingerichtet worden. Seit Januar 2019 können dort die Angebote des Vereins genutzt werden. Doch Garry Kasper ist sich bewusst: „Die Szene in der Innenstadt erreichen wir aktuell nicht.“ Er berichtet, dass mit dem Übergangsquartier hauptsächlich die Anstellung der Mitarbeitenden gesichert werden sollte. Anders war es nicht möglich: Trotz intensiver Suche und Aufrufen seitens der Stadt wurde keine Immobilie in der City gefunden. „Als ich sagte: ‚Wir sind die Suchthilfe‘, wollte niemand mit uns sprechen“, erklärt Kasper.

Stadt ruft auf: Vermieter
mögen sich gerne melden

Das findet auch Kritiker Leonhard Schilbach problematisch. „Vielleicht muss noch weiter aufgeklärt werden: Warum werden Menschen süchtig? Was sind die Folgen?“ Drogenabhängige sollten laut ihm nicht marginalisiert werden, viel eher müssten Stigmata abgebaut werden. Er fordert, verantwortliche Stellen dorthin zu verlagern, wo sie helfen. Das sei im Interesse aller: Betroffene müssten nicht auf die Öffentlichkeit ausweichen, und das Zentrum werde attraktiv und zugänglich. Schilbach bleibt überzeugt: „Die Übergangsmaßnahmen greifen nicht.“

Auch Magdalena Polimatidis, die in Elberfeld ein Reinigungsunternehmen betreibt, beobachtet den Zustand seit längerer Zeit. „Das gehört zum Straßenbild“, sagt sie zur Drogenszene. Sie werde häufig von öffentlichen Stellen angesprochen, ein Bild der Lage zu zeichnen, aber: „Im Endeffekt ändert sich anscheinend nichts“, findet Polimatidis.

Garry Kasper nimmt die Behörden in Schutz. „Die Stadt hat unbürokratisch reagiert“, berichtet er. Nach dem Wegfall des Café Cosa in der City finanzierte sie zwei Streetworker-Stellen, die bereits unterstützend tätig sind.

Dennoch gibt auch Sozialdezernent Stefan Kühn zu: „Das ist keine gute Lösung.“ Er versteht die Kritik, weist aber auch auf den bereits betriebenen Aufwand hin. Ein Pissoir an der Schlossbleiche, die Streetworker und die Raum-Suche konnten bisher aber keinen Café-Ersatz bieten. Deshalb wiederholt Kühn den Aufruf: „Wer bereit ist, zu vermieten, möge sich gerne melden.“ Zumindest bis der Wupperpark Ost fertiggestellt ist, wäre das eine wertvolle Alternative.

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