Offen gesagt Das Drunter und Drüber im Wuppertaler Rathaus: Posse oder Skandal?

Wuppertal · Im Wuppertaler Rathaus geht es drunter und drüber. Zumindest konnte man in dieser Woche einen solchen Eindruck gewinnen.

 Das Rathaus in Wuppertal-Barmen - aufgenommen im Jahr 2017.

Das Rathaus in Wuppertal-Barmen - aufgenommen im Jahr 2017.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Noch ist die Frage nicht endgültig geklärt, ob es sich letztlich um eine Posse handelt oder um einen handfesten Skandal. Fest scheint allerdings zu stehen, dass in Wuppertals Rathaus seit Jahrzehnten niemand im Stande gewesen ist, fehlerfrei eine Einladung zu Ratssitzungen auszusprechen. Der Hinweis hieß wahlweise „Rathaus, Sitzungssaal, 2. Etage“ oder zuletzt „Stadthalle, Großer Saal“. Nun weiß jeder halbwegs gescheite Wuppertaler, wohin ihn solche Hinweise lenken sollen. Aber formvollendet sind sie nicht. Und wer den deutschen Bürokratius kennt, der weiß, dass „nicht formvollendet“ leicht „angreifbar“ nach sich ziehen kann. Rechtsanwälte und Gerichte wollen schließlich auch etwas zu tun haben.

Im Wuppertaler Fall allerdings spricht nicht allzu viel dafür, dass die Ergebnisse der Sitzungen in der Stadthalle annulliert werden, nur weil die Einladung dorthin nicht den Zusatz Johannisberg 40 enthielt, wo die Stadthalle thront. Also kein Skandal, eher eine Posse, eine, die provinzieller kaum sein könnte. Denn sie offenbart, dass im wunderschönen Barmer Rathaus und seinen teils ebenso attraktiven Außenstellen der eine des anderen Teufel ist. Die Dezernenten sind sich untereinander nicht grün. Miteinander geht nichts, gegeneinander erst recht nicht. Die Bilanz der jüngeren Vergangenheit fällt höchstens durchwachsen aus, aber auch das nur beim Blick durch die rosarote Lokalpatriotenbrille. Und wenn in der Führung schon nichts aus einem Guss ist, dann kocht der eine oder andere auch in der Etage darunter sein eigenes Süppchen.

Den Leiter des Rechtsamtes sollte der Oberbürgermeister fragen, was er in den vergangenen sieben Jahren getan hat. So lange leitet er die Behörde und in dieser Zeit ist keine Einladung zur Ratssitzung mit dem Zusatz Johannes-Rau-Platz 1 versehen worden. Beanstandet hat er das nie. Warum jetzt?

Im September wird der neue Oberbürgermeister gewählt. Vieles spricht dafür, dass er seinem aktuellen Dienstherrn eins auswischen wollte. Sollte der alte auch der neue Oberbürgermeister sein, ist deshalb die Frage erlaubt, wie Zusammenarbeit hier noch konstruktiv funktionieren soll, wo es doch schon bisher nicht ging.

 Ein Kommentar von WZ-Chefredakteur Lothar Leuschen.

Ein Kommentar von WZ-Chefredakteur Lothar Leuschen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Der fragliche Amtsleiter ist übrigens derselbe, dem nachgesagt wird, er habe das Gutachten nachbearbeitet, auf dessen Basis der Stadtrat entschied, die Klage gegen das Outlet-Center in Remscheid nicht zurückzuziehen. Leider entsprach das nachbearbeitete Gutachten aber nicht mehr seiner Grundaussage, die einen Klageverzicht als rechtlich unbedenklich einstufte. Also blieb der Rat zunächst auf dem Rechtsweg. Inzwischen ist das korrigiert. Nun streiten die Gelehrten, ob der Amtsleiter seiner Pflicht genügt hat oder Böses im Schilde führt. Ein Gutachten soll Klarheit schaffen.

Aber das ist im Grunde auch schon fast egal. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass es im Rathaus drunter und drüber geht, dass sich hochbezahlte Herrschaften mit Formalien blockieren, statt sich um wirklich wichtige Themen zu kümmern. Welche? Die Zahl der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften steigt zum Jahresende auf 60 000. Die Schwebebahn rumpelt von Panne zu Panne. Das Schauspielhaus wartet erfolglos darauf, dass irgendein Handwerker mit irgendeiner Sanierungsarbeit beginnt, damit ein Pina-Bausch-Zentrum entsteht. Am Döppersberg bröckelt eine nagelneue Mauer vor sich hin. Et cetera...

Und was macht Wuppertal? Es stellt sich die Frage, ob irgendwer die Stadthalle nicht findet, wenn nicht Johannisberg 40 dabeisteht. Wer keine anderen Sorgen hat...

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