Interview „Das Projekt ist eine Herausforderung“

Interview OB Andreas Mucke und Kämmerer Johannes Slawig über das Pina Bausch Zentrum.

Im ehemaligen Schauspielhaus soll das Pina Bausch Zentrum entstehen.

Im ehemaligen Schauspielhaus soll das Pina Bausch Zentrum entstehen.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Die Drucksache für den Stadtrat ist unterwegs. Nach verschiedenen Ausschüssen ist der Rat der Stadt Wuppertal am 17. Dezember aufgefordert, die Hand zu heben für einen Durchführungsbeschluss, der Wuppertal und Wuppertals Kulturlandschaft für mindestens die nächsten drei Jahrzehnte mitprägen soll. Nicht mehr und nicht weniger erhoffen sich Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) und Stadtkämmerer Johannes Slawig (CDU) vom Pina-Bausch-Zentrum an der Kluse.

Herr Mucke, die Personallücke nach der Trennung von Intendantin Adolphe Binder haben Sie mit Bettina Wagner-Bergelt und Roger Christmann zunächst für mindestens zwei Jahre geschlossen. Was erwarten Sie von den beiden?

Mucke: Die neue Leitung soll die inhaltliche Ausrichtung erarbeiten. Dafür ist gleichzeitig ein Expertengremium in Vorbereitung. Auf der Basis von dessen Ergebnissen suchen wir dann eine langfristige Führung.

Slawig: Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass Frau Wagner-Bergelt länger bleibt, denn sie stünde ausdrücklich auch für die Zeit nach 2020 zur Verfügung.

Was genau sollen die beiden Geschäftsführer und das Gremium denn erarbeiten?

Mucke: Zum Beispiel ist die Frage wichtig, wie sich das Tanztheater zukünftig künstlerisch aufstellt. Es geht darum zu klären, wie wir das Werk und Erbe von Pina Bausch gleichermaßen erhalten und weiterentwickeln, um es auch in Zukunft für ein breites Publikum interessant zu gestalten. Und das im Zusammenspiel mit. dem Pina-Bausch-Zentrum mit dessen internationalen Produktionszentrum, dem Pina-Bausch-Archiv und dem Bürgerzentrum „Forum Wupperbogen“. Deshalb sind auch zwei beratende Mitglieder des Ensembles im Beirat eingebunden. Ich habe im Ensemble hohen Gesprächsbedarf festgestellt.

Nun ist es bis zum Pina-Bausch-Zentrum aber noch ein weiter Weg, der obendrein immer teurer wird.

Slawig: Das ist richtig. Durch den Baukostenindex rechnen wir nun bis zur Eröffnung 2026 mit Investitionskosten von gut 71 Millionen Euro. Das sind 13 Millionen Euro mehr als bisher geplant.

Aber gedeckt sind bisher nur 58,4 Millionen Euro.

Slawig: Das ist nicht ganz richtig. Der Bund hat seinen Baukostenzuschuss von 29 Millionen auf 37 Millionen Euro erhöht, vorausgesetzt dass auch die Stadt zusätzlich acht Millionen gibt.

Und?

Slawig: Beim Land ist es so, dass der Baukostenzuschuss bisher auf 12,5 Millionen Euro festgelegt ist. Wenn wir mehr bekommen sollen, muss der Landtag das erst beschließen.

Haben Sie Zweifel, dass Sie das notwendige Geld zusammenbekommen?

Slawig: Nein. Die habe ich nicht. Man muss sich dazu nur die Alternative vorstellen. Die hieße, dass wir das Schauspielhaus im worst case abreißen müssten.

Mucke: Das machen wir nicht! Deshalb sind unsere Anstrengungen darauf gerichtet, die Finanzierung gemeinsam durch Stadt, Land und Bund sicherzustellen.

Bei all den Millionen und den deutlich steigenden Kosten stellt sich die Frage, wie Sie das gegenüber jenen Wuppertalern begründen wollen, die nicht zu den Tanzfreunden gehören, gern aber mehr Kindergärten und sanierte Schulgebäude hätten.

Slawig: Das Pina-Bausch-Zentrum zu verwirklichen, ist für die nächsten Jahre eine riesige Kraftanstrengung für den Investitionshaushalt. Und das darf selbstverständlich nicht zu Lasten von Schul- und Kindergartenbau gehen.

Mucke: Dazu brauchen wir auf jeden Fall die Unterstützung des Landes. Aber der Durchführungsbeschluss ist ein wichtiges Signal.

Ob die Kritiker damit zufrieden sind?

Mucke: Das Pina-Bausch-Theater hat eine Leuchtkraft weit über Wuppertal hinaus. Und wir haben als Stadt auch wichtige soziale Aufgaben. Das stimmt. Dennoch ist das kein Widerspruch. Wir brauchen in unserer Stadt Menschen, die Wuppertal als positiv wahrnehmen, die zu uns kommen, die ihr Geld hier ausgeben. Und wir brauchen Geld, um unsere sozialen Herausforderungen zu bewältigen. Das ist also kein Widerspruch, das bedingt einander. Wenn Sie die Unternehmen hier fragen, wo ihr Spitzenpersonal wohnt, dann hören Sie viel zu oft „nicht in Wuppertal“. Das hat die Stadt nicht verdient und das darf nicht länger so sein. Das Pina-Bausch-Zentrum ist wichtig für die Attraktivität unserer Stadt. Deshalb ist es auch ein zentrales Projekt unserer Stadtentwicklung.

Slawig: Das Pina-Bausch-Zentrum erinnert auch an die Geschichte des Döppersbergs. Damals hat es auch viele Zweifler gegeben. Heute zeigt der Döppersberg, dass die Stadt an ihre Zukunft glaubt und sich entwickelt. Wir geben heute auch Geld für den bloßen Erhalt des Schauspielhauses aus. Aber in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Döppersbergs ist das zu wenig. Das Pina-Bausch-Zentrum wird den Döppersberg ergänzen. Ich bin sicher, dass weltweit sehr viele Menschen darauf schauen, wie wir mit dem Ensemble und dem denkmalgeschützten Graubner-Bau umgehen.

Also ist das Pina Bausch Zentrum kein Projekt für ein paar wohlhabende Intellektuelle?

Mucke: Nein, das Tanztheater ist nicht nur für Eliten. Das war es noch nie und sollte es nie sein. Es gibt allerdings leider immer noch Hemmschwellen. Kultur und Kunst dienen allen. Wir müssen sie aus der vermeintlichen Eliten-Ecke herausholen. Das PBZ soll Begegnungsstätte für ein breites Publikum sein.

Slawig: Man kann Pflichtaufgaben und solche Projekte nicht gegeneinander ausspielen. Eine Stadt muss auch Angebote machen, die über die reine Daseinsvorsorge hinausgehen. Dazu gehört auch die Kultur.

Aus deren Etatansatz im Haushalt künftig bis zu 15 Millionen Euro pro Jahr in das Pina-Bausch-Zentrum fließen.

Slawig: Heute sind es fünf Millionen pro Jahr, die Stadt und Land aufbringen. Den Mehrbedarf tragen die Stadt, das Land und hoffentlich der Bund zu je einem Drittel.

Davon ist der Bund bisher aber nicht überzeugt.

Slawig: Wir müssen dennoch weiter dafür kämpfen.

Und wenn das nicht von Erfolg gekrönt ist?

Mucke: Letztlich müssen wir mit dem auskommen, was wir haben. Damit da nichts aus dem Ruder läuft, werden wir ein enges Kostencontrolling durchführen und eine politische Begleitkommission vorschlagen.

Slawig: Ich engagiere mich als Kämmerer aus tiefster Überzeugung für dieses Projekt. Aber es muss seriös finanziert werden.

Mucke: Deshalb ist der Durchführungsbeschluss auch kein Blankoscheck, den der Stadtrat uns ausstellen soll. Wir können nur ausgeben, was wir haben. Dieses Projekt ist eine Herausforderung. Deshalb brauchen wir dafür eine breite Basis in der Stadt.

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