Wuppertal Würger in der JVA Ronsdorf: Behörden prüfen unterlassene Anzeigen

Wie hat sich der Würger von Wuppertal-Ronsdorf im Gefängnis verhalten? Die nordrhein-westfälischen Justizbehörden prüfen, warum Übergriffe vor der Attacke nicht angezeigt wurden. Wurde der junge Mann unterschätzt?

Blick auf die JVA in Ronsdorf.

Blick auf die JVA in Ronsdorf.

Foto: dpa

Düsseldorf/Wuppertal. Ist die Gefährlichkeit des Häftlings, der laut eigener Aussage einen 20-jährigen Mitgefangenen im Wuppertaler Gefängnis erwürgt hat, trotz vieler Signale unterschätzt worden? Ein Bericht des nordrhein-westfälischen Justizministers Thomas Kutschaty (SPD) an den Rechtsausschuss des Düsseldorfer Landtags legt das nahe. Das Gremium beschäftigt sich an diesem Mittwoch mit dem Fall.

Schon bei früheren Inhaftierungen in verschiedenen Anstalten war der 18-Jährige dem Bericht zufolge insgesamt achtmal wegen tätlicher Auseinandersetzungen aufgefallen. Teils zogen sie auch Disziplinar- oder Sicherungsmaßnahmen nach sich. Schon vor einem Jahr habe er einen Mitgefangenen gewürgt. Anschließend habe er sich im vergangenen November einen Faustkampf mit einem anderen Häftling geliefert.

Die Justizvollzugsanstalt Wuppertal habe in drei dieser Fälle verfügt, Strafanzeige zu erstatten. Dies sei aber nicht geschehen, obwohl ein Erlass das bei erheblichen Straftaten gegen Gefangene oder Bedienstete vorschreibe, bemängelte Kutschaty. Die Prüfung, wie es zu diesem Versäumnis kommen konnte, dauere an.

Der Bericht schildert den Verlauf einer sehr jung begonnenen „kriminellen Karriere“ eines Heimkinds. Erstmals sei der Beschuldigte mit 15 Jahren inhaftiert worden. Von Anfang an sei er auffällig und mehrfach körperlich aggressiv gewesen. Schon im Aufnahmegespräch habe er zugegeben, dass er „auch schon mal zuschlage“, wenn ihm etwas nicht passe. Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen hinter Gittern brach er ab.

Die Anstaltsleiterin der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf berichtete dem Ministerium aber, der Würger habe dort zuletzt keinen Anlass gegeben, ihn als besonders gewalttätig einzuschätzen. „Sein Verhalten entsprach durchaus dem eines „normalen“ jungen Gefangenen.“ Im Vergleich zu seinen früheren Inhaftierungen habe sich sein Verhalten „deutlich zum Positiven entwickelt“.

Ein Führungsbericht vom vergangenen März attestierte ihm, er könne „zwischenzeitlich als integriert und vom Verhalten her als freundlich beschrieben werden“. Der Faustkampf wird zwar erwähnt, zusammenfassend aber festgestellt: „Anweisungen von Bediensteten kommt er zumeist nach. Zu seinen Mitgefangenen pflegt er ein überwiegend gutes Verhältnis.“

Keine der früheren Tätlichkeiten habe gravierende Verletzungen nach sich gezogen. Deswegen sei bei seinem ersten Gefängnisaufenthalt auf Anzeigen verzichtet worden. „Wenn er Gewalt angewendet hat, dann bewegte sich diese im unteren Bereich“, heißt es im Bericht. Im Vergleich zu anderen Jugendstrafgefangenen sei er nicht einmal besonders aggressiv gewesen.

Am 4. Mai hatte der junge Mann dann selbst den Notruf in seiner Zelle betätigt und angegeben, einen Mithäftling im Streit um 40 Euro Schulden beim Kartenspiel erwürgt zu haben. Er war im Januar wegen gewerbsmäßigen Diebstahls in 30 Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden - inklusive einer früheren Bewährungsstrafe.

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