Wuppertal WSW verweigern Schokoticket

Die WSW verkaufen Abotickets für Kinder — aber nicht, wenn deren Eltern dort Schulden haben. Der Kinderschutzbund kritisiert das.

Wuppertal: WSW verweigern Schokoticket
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Wuppertal. Die Bombe platzte in einem Nebensatz. Als Kerstin Holzmann vom Wuppertaler Ortsverband des Deutschen Kinderschutzbundes am vergangenen Mittwoch in der Elberfelder Citykirche über das Verkehrsverhalten von Kindern sprach, war die wohl brisanteste Stelle eine, die nur indirekt zum Thema gehörte: „Kinder, deren Eltern Schulden bei den Wuppertaler Stadtwerken haben, kriegen kein Ticket.“ Sie habe das aus erster Hand: Ein Mitarbeiter des Kinderschutzbundes hat das von Kindern erfahren, die dort betreut werden. Es handele sich um zwei Fälle, auf die sie aus Gründen des Datenschutzes nicht näher eingehen könne. Ein Kind habe doch noch ein Ticket bekommen, nachdem andere Institutionen sich eingeschaltet hätten. Eines sei aber ohne Ticket geblieben, sagt Holzmann.

Wuppertal: WSW verweigern Schokoticket
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Die Wuppertaler Stadtwerke bestätigen die Praxis — mit Einschränkungen. Es handele sich dabei um Einzelfälle, unterstrich der Marketingchef, Ralf Birkenstock. Aber er sagte, dass ein Abo-Ticket, wie das Schoko-Ticket eines ist, Vertragspartnern verwehrt werde, wenn es bestehende Schulden aus einem anderen Abo-Vertrag gebe. Wenn also die Kosten für ein abonniertes Monatsticket des Vaters nicht von dessen Konto abgebucht werden konnten und er die Schulden nicht begleicht, kann er für sein Kind kein neues Schoko-Ticket beantragen. Birkenstock merkte an, dass bestehende Schokotickets wegen ausgefallener Bezahlung anderer Abos aber nicht ungültig würden.

Das Schokoticket ist eine Fahrkarte für Schüler, die es nur im Abo gibt, also per Bankeinzug. Sie kostet regulär 34,65 Euro im Monat, wird aber durch die Stadt bezuschusst, wenn der Schulweg eine bestimmte Entfernung überschreitet. Dann kostet das Ticket nur noch zwölf Euro.

Kerstin Holzmann nennt die Praxis der WSW „fragwürdig“. Denn sie hätte Folgen. Kinder, die kein Schokoticket für den ÖPNV bekämen, müssten entweder Vierer-Tickets für 9,80 Euro kaufen oder würden dadurch zum Schwarzfahren animiert, weil die Eltern nicht die Finanzkraft für die Fahrkarten hätten — oder sie würden gar nicht mehr zur Schule gehen, befürchtet Holzmann.

Ralf Birkenstock von den WSW sagt, es werde niemand von der Beförderung ausgeschlossen, aber das Schokoticket sei durch den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) eben als Aboticket angelegt. Es gebe in solchen Fällen die Möglichkeit, ein Young-Ticket zu kaufen. Das gibt es für Barzahler zu kaufen, es kostet ab 52,40 Euro. Birkenstock weist auch auf die Möglichkeit hin, dass ein anderer Erwachsener ohne Abo—Schulden das Ticket kaufen könne.

Für die WSW als Dienstleister sei die Beförderung mit den ÖPNV eben ein Geschäft gegen Geld. Und bei Abo-Tickets gingen die Stadtwerke zudem in Vorleistung. Wenn dann das Geld nicht komme, sei ein Teil des Vertrages nicht erfüllt. Für sie sei das Risiko zu groß, einem Nichtzahler noch ein Ticket zu verkaufen, so Birkenstock.

Stefan Kühn (SPD), der Sozial- und Schuldezernent der Stadt, sagt, er könne es verstehen, wenn die Stadtwerke einem problematischen Kunden nicht noch ein Abo-Ticket ermöglichen würden. „Ich kann aber nicht nachvollziehen, dass man das Schokoticket nicht bar bezahlen kann.“ Es gehe um die Gleichbehandlung aller Schüler. Das sei aber keine Angelegenheit der WSW, sondern des VRR, dem die WSW angehören, so Kühn.

Der VRR wiederum gibt das Problem an die WSW zurück. Sabine Tkatzik, Sprecherin des VRR, sagt zwar, dass der Verbund für die einheitliche Tarifgestaltung zuständig sei. Das Verhältnis zwischen Anbieter und Kunden sei aber Sache der Verkehrsbetriebe. „Ich kann nicht sagen, dass die Stadtwerke anders handeln müssen“, sagt Tkatzik, „aber es hat schon Beispiele gegeben, in denen Abotickets auch bar bezahlt werden konnten.“

Die Stadtwerke haben unterdessen angeboten, mit dem Kinderschutzbund über solche Fälle zu reden. Wie viele andere Kinder wegen zahlungsunfähiger Eltern kein Ticket haben, darüber gebe es keine Statistik, sagt Birkenstock. Abgelehnte Verträge würden nicht erfasst. “ S. 14

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