Wolfgang Bosbach in Wuppertal : Wolfgang Bosbach: „Demokratie braucht Menschen, die mitmachen“
Wolfgang Bosbach (CDU) sprach in Wuppertal über Zustand der Republik. Die Veranstaltung der Dönberger Vorträge war vollbesetzt.
Wolfgang Bosbach weiß vermutlich schon, dass er ein Heimspiel hat. Dennoch schreibt der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenpolitikexperte es den etwa 200 Besuchern im vollbesetzten Saal der evangelischen Kirchengemeinde Dönberg vorsorglich gleich mal ins Stammbuch: „Ich komme von den Guten!“ Womit Bosbach schon zum Auftakt seiner gut zweistündigen Ausführungen für den ersten Lacher sorgt und ein wenig Werbung für die eigene Partei macht.
Zu den parteiinternen Verwerfungen in der CDU kommt der 67-Jährige erst nach dem eigentlichen Vortrag. Zunächst einmal entwirft Bosbach, der im Rahmen der ökumenischen Reihe „Dönberger Vorträge“ auftritt, anhand von drei Themenblöcken seine Überlegungen zum Zustand der aktuellen Politik in Deutschland. Er widmet sich in seinem frei gehaltenen Vortrag dem Verhältnis von Staat und Bürger, der Lage Deutschlands und Europas sowie den Herausforderungen des technischen Fortschritts.
Mit einer Fehleinschätzung will der Politprofi gleich zu Beginn aufräumen: Es herrsche in Deutschland keine Politikverdrossenheit – eher im Gegenteil. Er erlebe bei den rund 400 Veranstaltungen, die er pro Jahr besuche, dass die Bürger „ein hohes politisches Interesse“ hätten. Was es sehr wohl gebe, seien „Politikerverdrossenheit“ und „Parteienverdrossenheit“. Hier gerät offenbar etwas in Schieflage – eine Entwicklung, die sich vor allem in der Kommunalpolitik bemerkbar mache, wo es für die Parteien immer schwieriger werde, Kandidaten für politische Ämter zu gewinnen. Hinzu komme die Tatsache, dass der Deutsche lieber „chronisch unzufrieden“ sei, als seine eigenen Verdienste zu würdigen. Bosbach sieht die Entwicklung mit Sorge: „Keine Staatsform lebt so vom Mitmachen wie die Demokratie!“
Zur Wahrheit gehört auch, dass sich die politischen Rahmenbedingungen verändert haben, die Parteienlandschaft fragmentiert ist. Den Niedergang der Volksparteien – bei der SPD deutlich stärker als bei der Union – bedauert Bosbach nachdrücklich. Doch die Zeiten der klassischen Volksparteien seien vorbei, und sie kämen „so schnell nicht zurück“. Zugleich bekennt sich der CDU-Mann, der auch durch seine Kritik an Kanzlerin Angela Merkel bekannt wurde, zur aktuellen Bundesregierung: „Die große Koalition ist besser als ihr Ruf.“
Optimistische Grundstimmung
Bosbach verbreitet trotz aller Herausforderungen eine optimistische Grundstimmung. Es sei „ein Glück, hier zu leben“, er wolle mit seiner Arbeit auch „ein bisschen für unser Land werben“. Zugleich benennt der 67-Jährige die Herausforderungen, vor denen das Land und Europa stehen, die Risiken, die der technologische Wandel für die Gesellschaft mit sich bringt. Mit der Digitalisierung sieht der CDU-Politiker „eine völlige Veränderung der technischen und ökonomischen Verhältnisse“ einhergehen. Was gilt deutsche Ingenieurskunst noch in einer Zeit, in der Internetkonzerne mit ihrer virtuellen Macht Diskurse beherrschen, neue Machtverhältnisse schaffen und Menschen beeinflussen? Notwendig seien deshalb gerade jetzt massive Investitionen in Bildung und Wissen.