Wo alles einen besonderen Geschmack hat

Weihnachtsgeschäft brummt: Die WZ war beim bunten Markttreiben in Barmen dabei.

Wo alles einen besonderen Geschmack hat
Foto: Anna Schwartz

Barmen. Das Weihnachtsgeschäft brummt. Auch auf dem Barmer Marktplatz zwischen Rathaus und Brauhaus. „Clementinen, Orangen, Äpfel, Nüsse“ - das gehe im Moment gut, sagt Klaus Lengemann. Sein Stand hat ganzjährig an allen Markttagen - Dienstag, Freitag und Samstag - auf. Dem Gelsenkirchener ist Sonnenschein natürlich am liebsten, aber schlechtes Wetter sei auch kein Problem. „Wir haben zwei Heizstrahler dabei“, beruhigt er. „Wenn es unter null Grad geht, wird der Stand ‚eingeplant’, so dass wir und die Ware nicht zu Schaden kommen.“

Der launische November beeindruckt auch seine Kunden nicht. Hartmut Schröder und seine Frau kommen regelmäßig zum Lengemann-Stand. Der Barmer Markt ist für ihn seit über 70 Jahren erste Wahl. „Ich war mit sieben Jahren schon mit meiner Mutter hier.“ Wer jetzt aber auf den Einkaufszettel seiner Ehefrau schaut, versteht erst mal kein Wort. Was zum Beispiel sind „Wortels“? „Das sind Möhren“, erklärt die gebürtige Niederländerin, die ihre Einkaufslisten bis heute in ihrer Muttersprache - ein kleines Stück Heimat - schreibt.

Damit alle Waren frisch auf den Markt kommen, müssen die Lengemanns frühe Vögel sein. Jeder Markttag bedeutet Aufstehen um ein Uhr morgens. Bevor sie von Gelsenkirchen nach Wuppertal fahren, kaufen sie ihr Obst und Gemüse auf dem Großmarkt in Essen ein. Nach der Ankunft in Barmen dauert es noch einmal zwei Stunden, den Stand aufzubauen.

Christin Heisterhagen über den Markt

Aushilfe Christina Heisterhagen hat es da richtig gut. Sie fängt erst um sieben Uhr an, wenn der Markt offiziell öffnet. Als die Germanistikstudentin vor einem guten halben Jahr auf das Job-Angebot der Lengemanns stieß, zögerte sie nicht lange. Christina arbeitet gern draußen und den Umgang mit den Kunden findet sie angenehm. Natürlich gebe es auch stressige Arbeitsphasen, „aber über den Tag verteilt ist es in Ordnung.“ Ihr Job auf dem Markt beeinflusst natürlich auch ihr eigenes Essverhalten. „Das ist eine gute Quelle, um sich nicht nur von Tiefkühlpizza ernähren zu müssen.“

Direkt seinen Hunger stillen kann man schräg gegenüber vom Lengemann-Stand. Am Imbisswagen von Wuppertalerin Viola Grefrath gibt es Grünkohl, Frikadellen und Suppen. „Es ist alles selbst gemacht“, sagt die Imbiss-Besitzerin, die sich Ende April selbstständig gemacht hat. Eiligen Kunden füllt sie das Essen in Plastikbehälter ab. Polizeikommissar Holger Brunner, eben noch im Rathaus beschäftigt, hat etwas Zeit übrig und bestellt eine Frikadelle. „Lecker“, meint er nach dem ersten Bissen. „Gut gemacht!“

In einer ruhigen Minute lässt Grefrath den Blick über den Platz schweifen und wird grundsätzlich: „Meine Generation ist schuld daran, dass das Marktleben stirbt.“ Dabei ist für sie ein Markt alles andere als ein Auslaufmodell. Nirgendwo sonst gebe es so hochwertige Lebensmittel. Käse, Fisch, Obst und Gemüse - hier habe alles einen eigenen, besonderen Geschmack.

Auf Qualität aus der Region setzt Rainer Hackländer. Sein mobiler Verkaufsstand auf dem Barmer Markt bietet Fleisch, Wurstwaren und Eier an. Zusätzlich zu den Produkten, die von seinem Bauernhof in Heckinghausen stammen, beliefern ihn Bauern aus dem Bergischen und dem Münsterland. „Wir sind ein Familienbetrieb in zweiter Generation“, erzählt der Agraringenieur. „Meine Eltern haben damit angefangen, Eier auf dem Markt zu verkaufen.“ Der Handel mit Geflügelfleisch kam hinzu und ihr Sohn hat seit den 90er Jahren das Angebot weiter ausgebaut. Bis hin zu Spezialitäten, die gut in die Jahreszeit passen. „In diesem Herbst haben wir viel mit Gans“, sagt Hackländer. „Aktuell bieten wir eine Gänsebratwurst an.“

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