Wuppertal Wirte leiden unter anonymer Kritik im Internet

Wuppertals Gastronomen stellen fest, dass Rezensionen im Netz immer wichtiger werden. Das System ist anfällig für Manipulationen.

Wuppertal: Wirte leiden unter anonymer Kritik im Internet
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Bei diesen Bewertungskommentaren dürfte so mancher Gastronom bleich werden: „Sowas Ungenießbares hab ich ja mein Lebtag noch nicht serviert bekommen!“, „Die unfreundliche Antwort des Kellners deutete darauf hin, dass er voll ist“ oder „Dunkel, unfreundliche Bedienung und Gäste, die von ihren Knastaufenthalten berichten“. Das sind alles echte Kommentare zu Wuppertaler Gastronomiebetrieben, die ein Wirt nie persönlich gehört hat. Sie sind im Internet nachzulesen auf Bewertungsseiten wie Tripadvisor und Yelp sowie bei Facebook und Google.

Die teils anonymen Rezensionen und die Sternebewertungen, die jeder Nutzer im Internet abgeben kann, sind heute ein wichtiger, aber unberechenbarer Marketingfaktor. Lukas Tüllmann, stellvertretender Filialleiter im Elberfelder Burger-Restaurant Food Brother, sagt: „Wir legen sehr viel Wert auf die Bewertungen und schauen fast jeden Tag nach, was geschrieben wird.“ Ähnlich läuft es im Sausalitos nebenan, wo auf negative Bewertungen oft schriftliche Entschuldigungen folgen. „Wir haken da nach. Das ist mühselig, aber funktioniert“, sagt Filialleiter Marc Sonneborn. So habe so mancher Nutzer seine Bewertung am Ende doch noch nach oben korrigiert.

Manchmal lässt sich aufgrund der Kommentare auch etwas verbessern. So hat Food Brother etwa nach konstruktiver Kritik im Netz Kinderstühle angeschafft. Die Kehrseite: Tüllmann weiß, dass das System anfällig für Manipulation ist. So vermutet er, dass die Konkurrenz Food Brother zum Neustart schlechte Bewertungen verpasst hat. „Die Verbindung konnten wir über Facebook nachvollziehen.“

Dabei kann gerade zum Start, wenn ein Betrieb noch wenige Einträge hat, eine einzige schlechte Bewertung den Sterne-Durchschnitt dramatisch nach unten ziehen. Das hat etwa das Hüftgold 900 am Islandufer festgestellt. Heute hat das Café bei Google eine gute Bewertung (4 von 5 Sternen). Aber am Anfang haben schlechte Rezensionen den Start erschwert, erinnert sich Mitarbeiterin Dijana Perisic: „Als die Bewertungen besser wurden, kamen mehr Leute.“

Wuppertals Dehoga-Vorsitzende Alexandra Tsanakidis (Dio’s Taverne) weiß, dass Wirte bei negativen Bewertungen oft hilflos sind. „Wenn Beschwerden unter die Gürtellinie gehen, kann man sich etwa bei Google melden.“ Bis zur Löschung eines Kommentars könne es aber Wochen dauern. Rechtlich könne ein Wirt gegen Bewertungen nur „sehr schwer“ vorgehen. Wobei es in Wuppertal auch schon Fälle gegeben habe, in denen die Situation eskaliert ist: „Es gab öffentliche Aufrufe, eine bestimmte Gastronomie negativ zu bewerten. Das grenzte an Rufmord.“

Giuseppe Failla, Inhaber des Elberfelder Burger-Restaurants Hans im Glück, kennt die andere Seite: gesteuerte Positivbewertungen. Das sei manchmal auffällig, wenn ein Restaurant plötzlich an einem Tag eine Hand voll positive Bewertungen von neu angemeldeten Nutzern kassiere. Er weist zudem darauf hin, wie Online-Bewertungen die Realität verzerren: „99 Leute sind zufrieden und schreiben nichts. Aber der eine, der unzufrieden war, schreibt eine Bewertung.“ Wenn mal etwas schief gelaufen sei, gehe er damit offen um, rede gerne mit den Kunden und lasse das Gericht neu machen. Umso mehr frustrieren ihn ein Kunden, die ihm keine Chance geben: „Viele sagen nichts, gehen nach Hause und schreiben einen Kommentar.“

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