„Wir wollen die Realitäten wechseln“

Ensemble Peculiar Man feiert mit „Try to Remember“ am 17. Januar Premiere in der Börse.

„Wir wollen die Realitäten wechseln“
Foto: Stefan Fries

Ein Mann sitzt am Campingtisch, trinkt Kaffee. Doch als er zur Kühltruhe geht, kommt ihm daraus ein ganzer Mückenschwarm entgegen. Pantomimisch wirkt das Stück „Try To Remember“, dann wieder stark tänzerisch: In einem Pas de Deux wirbeln Freddy Houndekindo und Damiano Ottavio Bigi umeinander, umschlingen Arme und Beine, wälzen sich am Boden und ziehen sich wieder hoch. Im nächsten Moment wird es slapstickhaft: Der eine Tänzer versucht, den anderen in eine Kühlbox zu falten. Als das nicht funktioniert, setzt er ihn auf einen Campingstuhl und drückt ihm die Zeitung in die Hand.

Am Mittwoch, 17. Januar, hat das Werk in der Börse an der Wolkenburg Premiere. „Wir wollen die Realitäten wechseln“, erklärt Jan Möllmer. Er inszeniert „Try To Remember“ gemeinsam mit Tsai-Wei Tien. Im vergangenen Jahr gründeten die beiden Tänzer des Tanztheaters Pina Bausch - sie fest, er als Gast - die Kompanie „Peculiar Man“. „Mich hat es immer interessiert, zu choreografieren“, sagt Jan Möllmer. Dabei wurde er klar von Pina Bausch beeinflusst: Mit 16 Jahren bekam er an der Gesamtschule Barmen die Einladung, bei ihrem „Kontakthof mit Teenagern“ mitzumachen. „So bin ich ans Tanzen gekommen“, erzählt er. Nach der Ausbildung an der Folkwang Universität der Künste arbeitet er als freiberuflicher Tänzer.

Doch Pina sei eine Anregung unter vielen gewesen, beteuert der Choreograf. Mit dem Duo „The man“, das Tsai-Wei Tien und Jan Möllmer gemeinsam tanzen, reisten sie im vergangenen Jahr auf viele Festivals. In Europa und Asien sorgten sie mit dem Stück für Begeisterung. „Diese Art von Tanztheater macht es notwendig, dass man aus Deutschland herausgeht“, findet Jan Möllmer. Wichtig sei eine Vernetzung in der Szene, um Auftrittsmöglichkeiten zu erschließen.

Für das neue Stück hat er drei Tänzer gesucht, die sich gegenseitig nicht kannten, und mit denen er vorher nicht gearbeitet hatte. Sein Team ist international: Damiano Ottavio Bigi kommt aus Italien, Petr Hastik aus Tschechien und Freddy Houndekindo aus Frankreich. Probenräume stellt die Börse zur Verfügung. Zentrum des Stücks bildet ein Zelt. „Ich habe gesucht nach einem Gefühl, heimatlos zu sein - zwischen den Welten“, erklärt Möllmer. Das Zelt bildet dieses Gefühl ab, insbesondere, da es auch verschoben werden kann oder durch die Luft fliegt. Licht- und Soundwechsel unterstreichen Schnitte zwischen Tag und Nacht oder verschiedenen Welten.

Die Bilder, die Jan Möllmer schafft, rufen viele Assoziationen hervor: Ein dunkelhäutiger Mann hechtet unter das Zelt, verfolgt von einem anderen. Es folgt eine wilde Jagd. Dann plötzlich der Wechsel zum Witzigen: Überlang verlängert wirkt der Mann unter dem Zelt jetzt, da ein anderes Bein auf der Seite herausschaut. Diese Brüche machen den Reiz der Inszenierung aus.

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