„Wir Griechen würden den Deutschen doch auch helfen“

In Wuppertal lebende Griechen fühlen sich wegen der Diskussion um Milliarden-Hilfe zu Unrecht kritisiert – berichten aber auch von der Solidarität der Wuppertaler.

Wuppertal. Die Diskussion um die Finanzspritze für das verschuldete Griechenland ist auch bei den Bürgern in Wuppertal angekommen. "Meine Gäste und ich wurden schon verbal angegriffen", sagt beispielsweise Theo Sismanidis, dem die Gaststätte Fürstentum in Oberbarmen gehört. "Ein Wuppertaler sagte, die Griechen wollten nur das Geld der Deutschen, als sei es geschenkt. Aber das kann man doch so nicht sagen."

Der 55-jährige gebürtige Grieche telefoniert oft mit seinen Verwandten und Freunden in Griechenland und bekommt deswegen viel von der Situation dort mit: "Die wirtschaftlichen Bedingungen sind schwierig. Einige meiner Freunde müssen von ein paar hundert Euro im Monat leben." Sein Gast Simeonidis Aggelos (70) stimmt zu: "Viele Menschen in Griechenland haben Angst, dass es schlimmer wird. Die Wuppertaler, die schimpfen, wissen überhaupt nicht, wie die Lage dort ist."

Deswegen sei Deutschland geradezu dazu verpflichtet, Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen, meint der Oberbarmener Charalampos Chorafas. "Die Griechen würden den Deutschen auch helfen, wenn diese in der gleichen Situation wären. Darum heißt es doch Europäische Union, damit sich die Länder gegenseitig nicht im Stich lassen."

Das glaubt auch sein Freund Ioannis Mavridis: "Alle Länder in der EU stehen füreinander ein, man kann und darf niemanden hinauswerfen - obwohl Griechenland vieles selbst verschuldet hat." Böse Kommentare hat er noch nicht mitgekommen - weder von Deutschen, noch von Griechen.

Die gebürtige Griechin Lia Agnantiti, Friseurin am Wupperfelder Markt, erlebte anderes. Ihr warf ein Wuppertaler an den Kopf: Die Griechen, die in Deutschland wohnen, sollten ihr Geld nach Griechenland schicken. "Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich lebe hier, seitdem ich anderthalb Jahre alt bin, arbeite hier seit meinem 14. Lebensjahr, bezahle ganz normal Steuern."

Sie blieb trotz des verbalen Angriffs ruhig, sagt heute sogar mit einem Augenzwinkern: "Wir Griechen werden selten laut - nur beim Feiern!" Außerdem gab es auch positive Kommentare. Wuppertaler, die ihr sagten: "Ein Land wie Griechenland, mit seiner Kultur, Kunst und Bildung, sollte man unterstützen."

Die 42-Jährige telefoniert täglich mit ihren Eltern und ihrem Bruder in Griechenland und sagt: "Die Staatsverschuldung ist dort Thema Nummer eins. Was hier in Deutschland in den Zeitungen darüber steht, wird dort einen Tag später in den Nachrichten aufgegriffen." Trotz der schwierigen Situation helfe man sich in Griechenland gegenseitig. Als Beispiel nennt sie das Solidaritätskonto von Griechenland, auf das viele Bürger Geld gegen das Staatsdefizit einzahlen.

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