"Wir danken Wuppertal"

Freude über Kosovo: Tausende feierten in Barmen die Unabhängigkeit des jungen Staates.

<strong>Wuppertal. Für die Männer, Frauen und Kinder, die sich auf dem Johannes-Rau-Platz in Barmen versammeln, ist ein Traum in Erfüllung gegangen. "Es ist ein so wichtiger Schritt für den Kosovo", erklärt Sami Gashi begeistert. "Jetzt sind wir endlich ein eigenständiges Land." Die Atmosphäre auf dem Platz vor dem Rathaus ist elektrisierend. Flankiert von zahlreichen Polizisten treffen immer mehr Menschen ein, mit riesigen Plakaten und Trillerpfeifen, die ihrer Freude mit allem Mitteln Ausdruck verleihen möchten: Der Kosovo hat endlich seine Unabhängigkeit erklärt.

Davon haben Eltern und Großeltern ein Leben lang geträumt

Zwischen all den Menschen, von denen die meisten gerade von einem Auto-Korso quer durch die Wuppertaler Innenstadt zurückkehren, findet sich auch Afrim Galica. Der Kosovo-Albaner musste 1992 aus dem umkämpften Gebiet nach Deutschland fliehen und lebt seit dem in Wuppertal. "Für uns ist etwas Wirklichkeit geworden, wovon unsere Eltern und Großeltern ihr ganzes Leben lang geträumt haben", erklärt er. "Wir haben das Glück, zu dieser Generation zu gehören, und das miterleben zu dürfen." Doch die Erklärung der Unabhängigkeit hat für ihn auch ganz praktische Folgen: "Jetzt gibt es endlich ein Land, mit dem ich mich identifizieren kann. Ich habe immer gehofft, dass es irgendwann einmal so kommt." Am liebsten wäre er, so wie viele seiner Freunde und Bekannten auch, für diesen besonderen Tag direkt in seine alte Heimat geflogen, doch die Schulpflicht seines Sohnes ging vor.

Jetzt steht er mitten in Barmen, schüttelt Freunden die Hand, umarmt Familienmitglieder und teilt seine Freude mit seinen Landsleuten, von denen viele heute nach Barmen gekommen sind, zum Teil sogar extra aus Remscheid oder Solingen.

Während auf der Rathaus-Treppe die letzten großen Transparente entrollt werden, setzen die ersten Sprechchöre ein. "Kosovo, Kosovo", skandiert die Menge in ihrer Landessprache und klatscht dazu rhythmisch in die Hände.

Und auf den Plakaten? Da steht: "Wir gratulieren dem Kosovo zur Unabhängigkeit", übersetzt Jakup Morina bereitwillig. Und "Danke Deutschland" steht dort, das allerdings für jeden lesbar. Ein Redner mit Megaphon erklärt auch gleich, was damit gemeint ist: "Wir danken Deutschland für die Unterstützung in den vergangenen Jahren. Und wir danken Wuppertal - für die Hilfsgüter, die von hier aus in den Kosovo geschickt wurden", ruft der junge Mann.

Jakup Morina nickt. Auch für ihn ist heute ein sehr wichtiger Tag. "Wir haben 100 Jahre auf diesen Augenblick gewartet", sagt er. Wie es jetzt in dem Land weitergehen soll? Auch davon hat er eine klare Vorstellung: "Wir wollen mit allen Seiten und Ethnien friedlich zusammenleben, und ihnen auf keinen Fall das antun, was sie uns damals angetan haben."

Eigentlich würde er nun auch gerne wieder zurück in sein Heimatland, aber das ist so eine Sache. "Unsere Kinder sind hier aufgewachsen und integriert. Selbst wenn ich möchte, ich kann nicht so einfach zurück", erklärt der Wuppertaler.

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