Wie ein Wuppertaler seit 35 Jahren mit der Dialyse lebt

Stefan Schürmann hat keine Nieren. Seit er 18 Jahre alt ist, verbringt der Wuppertaler viele Stunden wöchentlich im Krankenhaus.

Wie ein Wuppertaler seit 35 Jahren mit der Dialyse lebt
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Stefan Schürmann ist ein bekanntes Gesicht im Helios Klinikum. Es geht entspannt zu, er lächelt und plaudert mit Dr. Scott Oliver Grebe — seinem Arzt und Leiter der Abteilung für Nieren- und Hochdruckkrankheiten im Klinikum. Allerdings ist Schürmann blass im Gesicht, ein Schlauch führt zu seinem rechten Arm. Dadurch fließt sein Blut, vier Stunden lang, viermal in der Woche. Denn Schürmann ist Dialyse-Patient und könnte ohne die regelmäßige Behandlung nicht leben.

Seit seinem 18. Lebensjahr ist Schürmann auf die Dialyse angewiesen — der Wuppertaler ist heute 52 und lebt seit 35 Jahren mit der Blutreinigung. Stefan Schürmann hat wegen einer Fehlbildung keine Nieren mehr — und auch keine Blase. „Eine Nierentransplantation, wie sie eigentlich bei Dialyse-Patienten das Ziel ist, war daher damals technisch noch nicht und heute wegen zahlreicher hinzugekommener Begleiterkrankungen nicht mehr möglich“, erklärt Grebe.

Schürmann wirkt jedoch, als hätte er sich mit seiner Situation arrangiert: „Für mich ist das, als würde ich zur Arbeit gehen“, sagt er. Schürmann hat zwar eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolviert, ist aber nicht berufstätig: „Ich gelte als schwerbehindert, außerdem wäre ich schwer zu vermitteln, wenn ich dreimal in der Woche nicht arbeiten kann.“

Auch wenn Schürmann auf dem Bett liegt und nicht selbst aktiv ist, ist die Dialyse anstrengend für ihn. „Nach zwei, drei Stunden merke ich, wie mein Kreislauf runtergeht. Meistens kann ich nach der Dialyse gleich aufstehen.“ Manchmal sei er aber auch froh, wenn er sich zu Hause wieder hinlegen kann. „Angenehm ist es, wenn ich merke, wie das Wasser aus dem Körper gezogen wird. Ich kann dann leichter atmen.“

Denn ohne Nieren kann Schürmann Flüssigkeiten, die er tagsüber zu sich nimmt, nicht auf normalem Wege ausscheiden. Stattdessen lagert sich das Wasser im Gewebe ein. Trotzdem darf er einen bis eineinhalb Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. „Ich trinke auch schon mal ein Bierchen“, sagt der Patient und grinst. „Nach all den Jahren weiß ich, was ich darf und was nicht. Es kommt auf die Menge an.“

„Ohne Dialyse würden sich sichtbare Ödeme bilden“, erklärt Grebe. Das Wasser würde auf die Lunge drücken und der Patient ersticken. Nach etwa zwei Wochen würden die Giftstoffe im Körper zum Tod führen.

Im Normalfall schränkt die Dialyse die Patienten nicht ganz so stark ein — viele Berufstätige führen sie zum Beispiel nachts zu Hause durch. „Die Maschine jeden Tag zu Hause vor Augen haben — das wollte ich nicht“, sagt Schürmann.

Er spürt die Auswirkungen der mittlerweile Jahrzehnte dauernden Behandlung. „Die Gefäße verkalken schneller, die Durchblutung wird schlechter. Deshalb muss ich oft stehenbleiben und mich ausruhen, kann keine Treppen steigen“, sagt Schürmann.

Die Lust am Leben hat er trotzdem nicht verloren: „Ich fahre regelmäßig nach Spanien in den Urlaub. In der Nähe ist eine Klinik — ich fühle mich da sehr wohl und sicher.“

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