Wie ein Krankenhaus kurzfristig zum Standesamt wurde

Das Krankenhaus an der Staubenthaler Straße wird abgerissen. WZ-Leser erzählen von ihren Erlebnissen.

Wie ein Krankenhaus kurzfristig zum Standesamt wurde
Foto: Sammlung Günter Konrad

Ronsdorf. Für Irmgard Fischer (85) wird das Krankenhaus in guter Erinnerung bleiben, denn hier hat sie ihren Ferdinand geheiratet. 1956 herrschte in Wuppertal noch große Nachkriegswohnungsnot. Mit ihrem Verlobten hatte sie eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Aussicht — für junge Paare das Paradies. Aber um die Wohnung zu bekommen, mussten sie dem Vermieter die „rote Karte“ zeigen. Die erhielten verheiratete Paare vom Amt, und ohne sie gab es keinen Mietvertrag. Hochzeitstermin war der 7. August 1956. Beinahe machte ihnen ein Unfall einen Strich durch die Rechnung.

Wie ein Krankenhaus kurzfristig zum Standesamt wurde
Foto: Robert Schmidt

„Auf Lichtscheid hatte es furchtbar geregnet, und dann hat ein Kollege von meinem Mann die Kurve nicht gekriegt.“ Stattdessen erwischte er den Polizisten Ferdinand Fischer, der gerade von einer Chorprobe kam. Mit Schien- und Wadenbeinbruch landete er erst auf der Straße und dann im Krankenhaus - für sieben Wochen. Ein Ausflug ins Standesamt — ausgeschlossen. Dem Oberarzt Dr. Reinhold klagte sie ihr Leid. Dessen Antwort: „Das können wir auch hier machen.“ Für die Zeremonie wurde ein Paravent aufgestellt, der Standesbeamte kam ins Krankenhaus, die Trauzeugen brachten den Sekt. Ferdinand Fischer heiratete seine Irmgard im Liegen. Die Ehe hielt 57 Jahre — bis zu seinem Tod 2013.

Jürgen Steinberg kam vor fast 83 Jahren im Krankenhaus an der Staubenthaler Straße zur Welt. Bei der Entbindung half Dr. Wilhelm Schmidt. Schmidt, „Gynäkologe als auch Chirurg in Personalunion. Der muss damals noch sehr jung gewesen sein“, denn als Steinberg eines Tages mit akuter Blinddarmentzündung wieder ins Krankenhaus muss, operiert in der gleiche Dr. Schmidt, der ihn 20 Jahre zuvor auf die Welt geholt hatte. In Erinnerung geblieben ist ihm auch der Krankenpfleger Nenntwig, der so robust zur Sache ging, dass viele Patienten lieber auf eigenen Wunsch entlassen wurden.

Klauspeter Schmidt (80) stellte den vermutlich ersten Fernseher in einem Krankenzimmer auf. Seine Verlobte lag dort ein Vierteljahr lang, er besuchte sie jeden Tag. „Damals wurde die Eröffnung des Kölner Karnevals im Fernsehen übertragen. Ich habe den Inhaber von Radio Münster so lange bekniet, bis er uns den Fernseher geliehen hat.“ Das Gerät gab er am nächsten Tag zurück — der Fernsehabend im Krankenhaus ist aber unvergessen geblieben.

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