Großprojekt Wie der Wuppertaler Gaskessel zur „Wundermaschine“ wird

Wuppertal · Vorbereitungen für die Eröffnung laufen auf Hochtouren. Jetzt gab es schon mal erste Einblicke in die Lichtshow.

 Noch sind einige Bereiche im Gaskessel in Heckinghausen eine Baustelle.

Noch sind einige Bereiche im Gaskessel in Heckinghausen eine Baustelle.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Presseschar muss ein bisschen auf ihre Schritte achten. „Immer gut nach unten gucken“, gibt Marina Kirrkamm den mit Block, Kamera oder Aufnahmegerät bewaffneten Besuchern mit auf den Weg. Denn noch ist der Gaskessel in Heckinghausen an vielen Stellen Baustelle. Am 15. Juni wird er offiziell eröffnen und etwas deutschland-, nein wahrscheinlich europa- und weltweit Einmaliges bieten: ein Haus,  in die Hülle eines fast 70  Meter hohen Gaskessels gebaut. Fünfstöckig, mit einem Fitnessstudio über mehrere Etagen, einem Gastrobetrieb im Erdgeschoss und einer großen Event- und Veranstaltungsfläche inklusive Galerie, wo Besucher die Lichtshow genießen sollen. Deren Titel und Programm: die Wundermaschine. Auf 6000 Quadratmetern Leinwand eindrucksvoll an die Hülle und das Dach projiziert.

In Zukunft soll auch Heiraten auf dem Kessel möglich sein

So sieht der Wuppertaler Gaskessel von innen aus
20 Bilder

So sieht der Wuppertaler Gaskessel von innen aus

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Foto: Fries, Stefan (fri)

Kirrkamm, Geschäftsführerin des Gaskessels, zeigt beim Rundgang schon einmal, was ab Mitte Juni die Besucher erwarten wird. Eine Fläche ist für eine Ausstellung zum Gaskessel selbst und seiner Historie vorgesehen. Eine höchst wechselvolle. Denn eigentlich schienen die Tage des Behälters  schon gezählt, der Abriss stand im Raum. 1997 außer Dienst gestellt, hatten die Wuppertaler Stadtwerke für das Ungetüm selbst keine Verwendung mehr.

 Im Erdgeschoss wird ab Samstag Gastronomie angeboten.

Im Erdgeschoss wird ab Samstag Gastronomie angeboten.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Kosten für die Unterhaltung fielen trotzdem an, weshalb sie darüber nachdachten, sich des Denkmals zu entledigen. Einen Investor, der sich an das Objekt herantraute, gab es nicht — ehe Thomas Drescher, in Wuppertal bereits als Betreiber von mehreren Sportstudios bekannt und erprobt im Umbau alter Stadtwerke-Immobilien, zugriff.

Irgendwie sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, erinnert er sich. Im Sommer 2015, als er das erste Mal im Kessel stand und die Idee aufkam, „daraus etwas zu machen“. Damals lag noch die tonnenschwere Platte, die mit Gasdruck einst nach oben und unten gehoben wurde, im Behälter.

Ein Viertel von ihr ist noch geblieben. Eine Vorgabe des Denkmalschutzes. Drescher holte die befreundeten Architekten Marcello Groß und Daniel Mai ins Boot — und auch die „hatten richtig Bock auf das Projekt“, wie Groß heute erklärt. „Auch wenn ich beim ersten Besuch erstmal knietief in Vogelmist stand.“

Baumaterial und Kran mussten durch eine Öffnung in den Kessel

Der Neubau im Kessel selbst „war eher konventionell“. Schick, auf jeden Fall, und auch auf der grünen Wiese ein Hingucker. Aber wie den in die Hülle bekommen? Es gab wegen der Statik nur eine nutzbare Öffnung in der gerade mal ein paar Millimeter dicken Außenhülle. Gerade groß genug, dass ein kleiner Laster durchpasste.

 Am 15. Juni soll sich der Gaskessel nach langem Umbau mit Leben füllen.

Am 15. Juni soll sich der Gaskessel nach langem Umbau mit Leben füllen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Der große Kran wurde zum Beispiel in Einzelteilen hineintransportiert und im Inneren aufgebaut. „Und jetzt bleibt er auch stehen“, erklärt Kirrkamm. Ideen, was noch im und am Kessel gemacht werden kann, gibt es viele. Zukünftig sollen Wuppertaler und nicht nur die zum Beispiel auch auf dem Denkmal heiraten können und dabei traumhafte Rundblicke über Wuppertal genießen.

Alle Beteiligten sehen in dem Projekt mehr als ein bloßes Bauwerk. In Heckinghausen soll sich etwas entwickeln. Der Stadtteil nimmt am EU-Förderprogramm Soziale Stadt teil, der Gaskessel, wenn auch privat finanziert, ist dabei Leuchtturm fürs Quartier. Das sehen auch Stadt und Politik so, die früh ihre Unterstützung zusagten.

Drescher hofft jetzt, Publikum aus nah und fern anzulocken. Von 6,5 Millionen Euro Investitionssumme war einmal die Rede. Jetzt dürfte es wohl knapp achtstellig sein, Genaueres will der Wuppertaler aber nicht sagen. Nerven die Vergleiche mit dem Gasometer in Oberhausen?

„Überhaupt nicht. Das ist ja was ganz anderes.“ Ein Haus im Kessel gebe es wahrscheinlich nirgendwo. Oder vielleicht bald doch? Es habe schon Anfragen gegeben, sagt Drescher. Sein Team habe jetzt natürlich das Know-How. „Und auch für andere Gaskessel wäre das sicher was“, ist er überzeugt — um dann lachend anzufügen: „Wir bauen aber erstmal keinen zweiten.“

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