Widerstand: Bergische Gefängnismetropole

Gestern demonstrierten die Gegner des neuen Gefängnisses vor der Bezirksvertretung.

Wuppertal. Der Widerstand gegen das geplante Jugendgefängnis auf dem Gelände der ehemaligen Standortverwaltung ist angelaufen. Aber die Mehrheit der Wuppertaler Bürger, die an der WZ-Online-Umfrage teilgenommen haben, ist für den Bau des neuen Gefängnisses. Zudem würde es ohne den Jugendknast wohl auch keine neue Bleibe für die Bereitschaftspolizei geben. Die wäre wahrscheinlich aus der Stadt abgezogen worden.

Die Gegner des Neubaus haben einen offenen Brief an die Wuppertaler Politik geschrieben und werfen ihr unter anderem eine unbefriedigende Informationspolitik vor. Sie fordern einen anderen Standort für das Neubauprojekt.

Im Online-Forum der WZ wird das Thema heiß diskutiert. Anbei einige Kommentare:

"Ich kann mich als Ronsdorfer dem positiven Signal "Wuppertal ist ein verlässlicher Partner ..." aus dem WZ-Kommentar zum Superknast nicht anschließen. Das Land hat jahrelang gebremst, wenn es darum ging, die bergische Region zu unterstützen. Nun auf einmal sollen wir in den zweifelhaften Genuss eines vom Lande geförderten Projektes kommen und dem Land ein willkommener Partner sein. Auf solch eine großzügige Geste aus Düsseldorf kann Ronsdorf gerne verzichten. " Norbert Schröder, Ronsdorf

"Ich halte einen zahlenden Investor für wichtiger. Ronsdorf musste unter der Schließung der Kaserne schon genug leiden. Und jetzt heißt es auch noch: Zahlen, statt bezahlt zu werden. Ikea könnte Arbeitsplätze schaffen. Schon mal daran gedacht?" André Habbecke, Wuppertal

"Ich bin dagegen, dass hier auf der "grünen Wiese" eine Strafvollzugsanstalt entsteht. Erstens ist bekannt, dass die Gefängnisse andernorts immer überfüllt sind, das heißt, wenn 500 Plätze vorgesehen sind, dann werden voraussichtlich 800 belegt. Offener Strafvollzug mit 30 Plätzen bedeutet vermutlich mindestens 50 Personen, die hier im noch relativ kinderreichen Ronsdorf in die Gesellschaft integriert werden sollen. Da sollte man mal darüber nachdenken. Noch ist Ronsdorf eine begehrte Wohnlage. " Evelyn Zahn, Wuppertal

"Glauben Sie allen ernstes, dass ein Strafgefangener, der beurlaubt wird, die Tür des Gefängnisses hinter sich zuzieht und in unmittelbarer Umgebung straffällig wird? Alle Urlauber und Freigänger gehen sicherlich immer erst einmal in ihr Umfeld, aus dem sie kommen. Wohnen denn die Strafgefangenen in ihrer Nachbarschaft? Besuchen ihre Töchter Diskotheken, in die keine (ehemaligen) Straftäter gehen? Gibt es an oder im Umfeld der Schule, die ihre Töchter besuchen keine Drogen? Ich wünsche mir und Anderen ein gewaltfreies Umfeld. Wir alle können durch verantwortlichen Umgang miteinander dazu beitragen." Frank Sander, Justizvollzugsbeamter, Burscheid

"Als ich las, dass die Vollzugsanstalt das Gebäude der ehemaligen Standortverwaltung bekommen sollte, war ich skeptisch, aber nicht unbedingt contra eingestellt. Die Ablichtung der gesamten Planungen hat mich nun jedoch schockiert. Da soll wieder einmal Natur geopfert werden, genauer gesagt, der Schießplatz Weidfeld, der das wertvollste Biotop auf dem ganzen Scharpenacken darstellt. Im letzten Jahr entdeckten wir dort noch das seltene Gefleckte Knabenkraut, eine Orchidee. Zum Glück ist die Fläche ein Teil des bestehenden Landschaftsschutzgebietes, so dass die Bürger der Stadt bei den Planungen mitzureden haben. " Frank Baldus, Sielmanns Natur-Ranger, Team Wuppertal

Ute Lueg

"Die Stadt Wuppertal ist stets um die Verbesserung ihres Ansehens bemüht. Mein Vorschlag für den neuen städtischen Werbespruch: "Wuppertal, die bergische Gefängnismetropole" Wenn unsere Stadtväter uns den JVA-Neubau als positive Entwicklung für die Stadt verkaufen, dann zeigt dies nur, dass sie endgültig den Bezug zur Realität verloren haben." Beatrix Sostmann, Wuppertal

"Auch bei uns kann von einem Puffer in Form der Bereitschaftspolizei keine Rede sein, da wir ebenfalls im Erbschlö wohnen. Wir werden Tür an Tür mit straffällig gewordenen, jugendlichen Freigängern leben. Dass von denen keine Gefahr ausgehen soll, kann ich nicht glauben. Ich bin Mutter von zwei Töchtern (14 und 9 Jahre). Wer kann mir garantieren, dass meine Töchter unbeschadet den Weg von der Bushaltestelle bis in den Erbschlö zurücklegen können?" Ute Lueg, Ronsdorf

"Ich bin wie viele andere Menschen in Lüttringhausen mit JVA und Tannenhof (beides Anstalten mit Freigängern) ohne Probleme aufgewachsen. Es ist wie immer: Natürlich braucht man eine JVA, aber bloß nicht in meiner Nähe! Unter dem Aspekt der sinkenden Grundstückswerte dürfte man am besten nichts und nirgendwo bauen, denn gestört fühlt sich immer irgendjemand. Andere Städte reiben sich schon die Hände, wenn hier wieder einmal Vorurteilen nachgegeben wird." A. Müller, Wuppertal

"Alle wollen, dass Straftäter sicher verwahrt werden. Alle wollen mobil sein und legen Wert auf gut erreichbare Flughäfen und Autobahnen. Sollen jedoch Strafanstalten gebaut oder Flughäfen oder Autobahnen in der Wohnortnähe ausgebaut werden, wird protestiert. Da stimmen die Relationen nicht mehr! Wer das Eine will, muss das Andere akzeptieren." Kurt Schober, Wuppertal

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