Wer Sport machen will, sollte vorher zum Arzt gehen

Interview: Die WZ sprach mit dem Kardiologen Prof. Gülker über das richtige Training und Warnsignale, die auf einen Herzinfarkt deuten.

Herr Professor Gülker, in der vergangenen Woche sind zwei Sportler mehr oder weniger unmittelbar beim Training an Herzversagen gestorben. Viele machen sich nun Sorgen. Was müssen Freizeitsportler beachten?

Gülker: Der plötzliche Tod infolge einer Hochbelastung beim Sport tritt viel häufiger auf, als es der Öffentlichkeit auffällt. Wer mit dem Training beginnt oder es intensivieren will, sollte auf alle Fälle vorher einen Herz-Kreislauf-Check machen - und zwar in Ruhe und unter Belastung. Dabei wird die Leistungsfähigkeit des Herzens und eine mögliche Störung der Herzklappen oder der Muskulatur untersucht. Auch versteckte Blutdruck-Krankheiten fallen dabei auf.

Reicht das auch für den Leistungssport?

Gülker: Wenn es um den Wettbewerbs-Sport geht, sollte eine fachkardiologische Untersuchung gemacht werden, für den Freizeitsport reicht ein internistischer Check-Up.

Wie teuer ist so eine Untersuchung und übernimmt die Kasse die Kosten?

Gülker: Die Kosten übernimmt nicht automatisch die Krankenkasse, sondern der Patient beziehungsweise der Verein muss selber bezahlen - das ist das Dilemma. Ein weiteres Problem ist, dass viele nicht bereit sind, für eine Gesundheitsleistung zu bezahlen. Eine spezielle kardiologische Untersuchung kostet je nach Befund 250 bis 300 Euro. Außerdem orientierte sich die Sportmedizin lange Zeit nur an Verletzungen, das heißt an der Orthopädie. Da muss es ein Umdenken geben, auch bei den Amateur-Vereinen.

Was sind häufige Warnsignale?

Gülker: Wenn einem beim Sport schnell die Luft ausgeht, kann das am Trainingsmangel oder aber am Herzen liegen. Auch belastungsabhängige Schmerzen im Brustkorb, im Rücken, an Hals und Armen können Hinweise sein. Das Gleiche gilt für eine sehr lange Erholungszeit. Wenn alles in Ordnung ist, ist man zwar nach der Anstrengung einen Moment lang müde, aber es setzt schnell ein Glücksgefühl ein.

Wie sieht das richtige Training aus?

Gülker: Ein Trainingsplan, bei dem das Pensum stufenweise gesteigert wird, ist sinnvoll - dabei können auch Profis helfen. So kommt man am schnellsten ans Ziel und verhindert gleichzeitig eine Überforderung. Wichtig ist auch ein regelmäßiges Training. Es ist beispielsweise absurd, einmal im Jahr auf die Skipiste zu gehen und dann ohne Vorbereitung alles zu geben - da sind Verletzungen nicht verwunderlich.

Welche Rolle spielt das Alter des Sportler?

Gülker: Mit dem Alter steigt das Herzinfarkt-Risiko, das liegt unter anderem an Abbauvorgängen im Körper und daran, dass sich die Gefäße verändern. Deshalb wird der kardiologische Check-Up mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Weitere Risiko-Faktoren sind natürlich Nikotin, hohe Blutfettwerte, hoher Blutdruck und Übergewicht. Diabetes ist der schlimmste Faktor überhaupt - 80 Prozent alle Infarkt-Patienten haben Diabetes und nur die Hälfte von ihnen weiß es vorher.

Machen wir uns beim Sport zu viel Stress?

Gülker: Zu viel Stress ist schädlich - das gilt natürlich auch für den Sport. Die Stressbelastung der Bevölkerung nimmt zu und Stress ist ein ganz wichtiger Faktor, der zu Infarkten führen kann, aber oft vernachlässigt wird, weil er nicht direkt messbar ist. Wir neigen dazu, alles in Leistungskategorien zu drängen, dabei sollte Sport vor allem Spaß machen. Gleichzeitig gibt es den Wahn der Bevölkerung, krampfhaft jung bleiben zu wollen. Dadurch machen immer mehr ältere Menschen mit Wut und Energie viel Sport, ohne dass sie ausreichend vorbereitet sind. Da kann sehr viel passieren, wenn man sich beim Training übernimmt.

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