Analyse Zwischen Horror-Hotels und Fünf-Sterne-Bewertung

ANALYSE Welchen Eindruck vom Tal geben Reisende online wieder?

Der Wochenendtrip nach Wuppertal beginnt häufig nicht etwa am Hauptbahnhof oder beim Check-In ins Hotel, sondern im Internet. Bergische Touristen bekommen auf Reise- und Buchungsplattformen wie TripAdvisor oder Airbnb den ersten Eindruck von ihrem Reiseziel vermittelt. Und wenn der nicht stimmt, kommen sie vielleicht gar nicht erst.

Eine der ersten Fragen, die sich der Besucher wohl stellt, ist: Was gibt es eigentlich in Wuppertal zu sehen? Auf der weltweit bekannten Touristik-Seite TripAdvisor gibt es eine Hitliste der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Dadurch, dass sich das Ranking nach den abgegebenen Bewertungen der Nutzer richtet, ergibt sich eine überraschende Liste. So ist die Nr. 1-Aktivität im Tal demnach ein Besuch im Zaubertheater Wiepen. Erst auf Platz zwei rangiert eine Fahrt mit dem Kaiserwagen. Danach folgen ein Besuch in der Stadthalle und ein Gang durch den Zoo. Das Luisenviertel landet bei dieser Liste nur auf Platz acht, das Von der Heydt-Museum auf Platz neun.

Da im Netz der subjektive Bewertungshorizont der Gäste zählt, relativiert ein Blick in die Kommentare die Liste. So hat etwa die Fahrt im Kaiserwagen in einem Fall die Note „befriedigend“ bekommen, unter anderem weil Kaffee und Kuchen „na ja“ waren. Martin Bang, Geschäftsführer von Wuppertal Marketing, weiß diese Bewertungen einzuordnen: „Wir scannen das Internet schon auf solchen Seiten, wissen aber auch, dass man nicht alles ernst nehmen kann.“ Oft sei bei Negativbewertungen auch einfach die Erwartungshaltung der Schreiber falsch gewesen.

Ein Blick auf die Hotelbewertungen von TripAdvisor verrät, dass Wuppertal viele gut bewertete Hotels hat. Offenbar gibt es aber auch ein paar Häuser aus dem niedrigen Preissegment, die ihren Gästen den letzten Nerv gekostet haben. Da gibt es Berichte von dreckigen Zimmern mit Läusen und defekter Ausstattung. „Das ganze Hotel stinkt nach Urin“, schreibt ein Nutzer über ein Hotel, das Zimmer für 39 Euro ohne Frühstück bietet. Für 25 Euro kann man offenbar in einem Etablissement schlafen, dass Bewertungen mit Überschriften wie „Horror-Hotel“ oder „Never again (dt.: „nie wieder“) erhalten hat.

Alternativ können sich Reisende über Airbnb bereits zu günstigeren Konditionen auch in privaten Wohnräumen einquartieren lassen. Bereits für elf Euro pro Nacht gibt es ein Zimmer bei Gastgebern in Barmen. Wer es anspruchsvoller mag, kann aber auch eine ganze Villa mit neun Schlafzimmern im Elberfelder Norden buchen. Das kostet dann 618 Euro pro Nacht.

In den Airbnb-Kommentaren verstecken sich generell ein paar Hinweise darauf, wie Wuppertal auf Reisende wirkt. Da liest man etwa: „Eine der Hauptgründe für uns Wuppertal zu besuchen war die Schwebebahn“, „Achtung, in Wuppertal gibt es viele Treppen“ oder „Unbedingt Skulpturenpark Waldfrieden besuchen in Wuppertal, sehr lohnenswert“.

Manche Schreiber finden
immer das Haar in der Suppe

Wie kommen Wuppertals Aushängeschilder generell bei den Reisenden weg? Der Zoo hat beispielsweise bei Google mehr als 2900 Bewertungen mit einem Schnitt von 4,4 von 5 Sternen. Die Stadthalle kommt bei fast 1100 Bewertungen auf einen Schnitt von 4,6, während das Von der Heydt-Museum auf lediglich rund 340 Rezensionen blicken kann, bei einem Schnitt von 4,3 Sternen.

Doch überall gibt es Menschen, die das Haar in der Suppe finden. Wer will, kann auf TripAdvisor zum Zoo lesen: „Erbärmlich wie diese Tiere doch leiden müssen“, erfährt, dass das Personal der Stadthalle angeblich „unfreundlich“ ist und muss hören, dass beim Von der Heydt-Museum „die Museumsräume ungeeignet für Ausstellungen“ sind. Es lohnt sich, bei solchen negativen Einzelbewertungen auf die Nutzer zu klicken und weitere Kommentare der selben Personen zu lesen. So haben wir etwa einen Nutzer gefunden, der eine ganze Handvoll von Restaurants in Wuppertal mit Negativbewertungen abgestraft hat - gleichzeitig aber McDonald’s mit vier Sternen belohnt.

Wie anfällig sind Internet-Bewertungen vor Manipulation? Der britische Journalist Oobah Butler hat es ausprobiert. Er schaffte es mit etwas technischem Know-how und vielen befreundeten Schreibern, sein Restaurant „The Shed“ kurzzeitig zur bestbewertesten Tripadvisor-Gastronomie in London aufsteigen zu lassen. Dabei war „The Shed“ nichts weiter als der Schuppen in seinem Garten.

Wer da lieber auf die Meinung des touristischen Dachverband Tourismus NRW setzt, darf auf der Internetseite erfreut feststellen, dass Wuppertal in der Kategorie „Geheimtipps Städtereisen“ auftaucht. Unter dem Aspekt „Kreativräume“ wird für den Bahnhof Mirke geworben, der sich „zu einem Anziehungspunkt für die Kultur- und Kreativwirtschaft“ entwickelt.

Auch in andere Listen schafft es Wuppertal. Etwa bei welt.de unter dem Motto: „Das sind die zehn deutschen Städteüberraschungen“.

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