Offen gesagt Was wird aus Wuppertal?

Die Schwebebahn fährt – nicht unbedingt verlässlich, aber meistens. Immerhin. Dieser Hinweis muss sein, damit nicht der Eindruck entsteht, dass in Wuppertal überhaupt nichts mehr funktioniert. Also, die Schwebebahn fährt.

Sonst allerdings herrscht überwiegend Stillstand. Mit jedem Tag wächst der Eindruck, dass alle Gestalter dieser Stadt lähmend mit sich selbst beschäftigt sind. Niemand redet mehr darüber, was aus Wuppertal einmal werden soll, wie es sich entwickeln könnte. Anscheinend ist Entwicklung auch nicht mehr vorgesehen. Überall, wo Neues entstehen könnte, findet sich wer, der genau das verhindern will. Neubaugebiete? Fehlanzeige. Gewerbeflächen? Fehlanzeige. Mehr Arbeitsplätze? Fehlanzeige. Konzepte für die Zukunft? Fehlanzeige.

Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet das Jobcenter derzeit die einzige städtische Einrichtung ist, die Wuppertal nach vorn denkt. Die just begonnene Kampagne gegen Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Zukunftsprojekt. Sie hat nichts mit Sozialromantik zu tun, vielmehr mit angewandter sozialer Marktwirtschaft. Für alle, die davon lange nichts mehr gehört haben: Soziale Marktwirtschaft ist die Ordnung, die einst von der CDU erfunden wurde, damit die Wirtschaft zum Wohle der Allgemeinheit wächst und nicht allein zum Nutzen von Wenigen. Angesichts von 10 000 Wuppertalern, die sechs und mehr Jahre arbeitslos sind und das garantiert mehrheitlich nicht wollten, ist diese kleine Erinnerung vielleicht erlaubt. Denn bisher werden diese Menschen eher verwaltet. Auch Wuppertal investiert Millionen über Millionen gegen Armut, ohne diese Armut wirklich zu bekämpfen. Dass das Jobcenter dem nun etwas entgegensetzen will, ist höchste Zeit und aller Ehren wert.

Aber das Bemühen trifft auf eine Stadt, deren Politik und Verwaltung mit anderen Themen beschäftigt sind. In der Regel geht es um Befindlichkeiten, um Eitelkeiten und darum, Pfründe zu hüten. Ein Paradebeispiel sind die hiesigen Christdemokraten, die derzeit vom Schneidewind verweht werden. Verglichen mit der heutigen CDU war jeder Senat im alten Rom ein Ikea-Bälle-Paradies.

Derweil haben sich die Grünen Wuppertals zur Ein-Themen-Partei zurückentwickelt. Nichts geht mehr, weil jede Veränderung sich auf das Klima auswirkt. Da ist es schon tröstlich, dass die SPD den Grünen helfen will, Cannabis zu legalisieren. Dann können sich Wuppertaler den Stillstand ihrer Stadt wenigstens legal schönrauchen – zum Nachteil des Klimas allerdings.

Sei’s drum. Das Schlimmste ist sowieso, dass sich an der schwierigen Gemengelage vorläufig nichts ändern wird. Denn im nächsten Jahr ist Kommunalwahl. Bis dahin kreisen Parteien und zu Wählende traditionell nur noch um sich selbst. Für Wuppertal bedeutet das, dass vier Jahren „wenig bis gar nichts“ ein Jahr „überhaupt nichts“ hinzugefügt wird. Das ist insofern misslich, als umliegende Kommunen deutlich mehr den Eindruck erwecken, sich auch um ihr Dasein in der Zeit nach dem September 2020 zu kümmern.

Doch zum Glück ist es nicht so, dass überhaupt keine wichtigen Themen mehr behandelt werden. In ihrer nächsten Sitzung muss sich die Bezirksvertretung Elberfeld mit der zukunftsweisenden Frage auseinandersetzen, ob der Runenweg an der Hardt weiter Runenweg heißen darf. Nun sind Runen an sich zwar nicht wirklich schön, aber auch nicht schlimm. Leider aber haben die Nazis den Weg so benannt, der vorher Ulmen würdigte. Dass ein zweifelsohne wichtiges politisches Gremium sich nun mit diesem Frevel beschäftigt, wird denn wahrscheinlich auch nur deren bemitleidenswerten Nacheiferern bekümmern. Allen anderen ist es vermutlich egal. Nur die Anwohner sind verärgert. Nicht zuletzt weil sie wissen, dass Wuppertal ganz andere Sorgen hat.

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