Was sind die wahren Tugenden?

Die Autorin Angelika Zöllner spricht über die zehnjährige Arbeit an ihrem ersten Roman.

Was sind die wahren Tugenden?
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Eine Herzensangelegenheit braucht schon mal Zeit. Zehn Jahre hat Angelika Zöllner an ihrem ersten Roman „Wenn das Gras schweigt“ geschrieben. Die Idee dazu ist ihr noch früher in einem Griechenland-Urlaub gekommen — dort schickt sie auch ihre Hauptfigur Elija hin.

Der junge Wuppertaler hat sein Germanistikstudium zu Ende gebracht. Was er damit machen soll, weiß er nicht so recht. Als ihn auch noch seine Freundin verlässt, fährt er einfach weg, um mal in Ruhe über den Sinn des Lebens nachzudenken. „Philosophischer Roman“ nennt Angelika Zöllner ihr 500-Seiten-Werk im Untertitel: Erst in Rom, dann auf Rhodos setzt sich Elija mit den klassischen Philosophen ebenso auseinander wie mit einem philosophierenden Schuster von heute. „Er sucht nach den wahren Tugenden — das klingt zwar schrecklich moralisch, aber das war mir wichtig. Was passiert denn, wenn wir unsere Werte nicht mehr haben?“

Die Autorin hat sich wie ihre Romanfigur Zeit gelassen: „Ich habe sehr viel recherchiert — und sehr viel selbst gelernt.“ Auch mit ihrer besonnenen Erzählweise will sie einen Gegenpol dazu setzen, dass „heute immer nur auf leisten, leisten, leisten geachtet wird“. Schon bei ihren Kindern hat sie darauf geachtet, dass jedes Zeit bekommt, sich individuell zu entwickeln.

Beim Buch hat sie Pausen eingelegt — „ich musste ihn reifen lassen“, gelegentlich hat sie der Mut verlassen. Aber sie hat sich immer wieder drangesetzt, oft umgeschrieben. „Ich kenne Kollegen, die konstruieren eine Geschichte wie eine mathematische Aufgabe. Bei ihnen steht das Gerüst von Anfang an. Ich entwickle es beim Schreiben.“

Der Roman ist keineswegs Zöllners Erstlingswerk, denn geschrieben hat sie schon als Schülerin: „Beim Reden hatte ich immer Hemmungen, aber das Schreiben ging gut.“ Es blieb auch gut, „aber bis 40 ging ja wegen der Kinder nichts Längeres. Man muss sich entscheiden — und ich wollte die Kinder.“ Gedichte, Kurzgeschichten und ein Kinderbuch hat sie allerdings schon seit 1980 veröffentlicht.

„Als die Kinder aus dem Haus waren, habe ich mich auf die Prosa geworfen“, sagt sie. Der wird sie sich weiter widmen, denn sie schreibt schon am nächsten Roman. Darin lässt sie eine Wuppertaler Journalistin nach Istanbul reisen. Die Entwicklung in der Türkei verfolgt Angelika Zöllner mit kritischem Interesse, „aber der Roman wird ganz sicher ein leichterer Stoff“.

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