Begrabt mein Herz in Wuppertal Warum Uwe Becker vorerst nicht mit der Schwebebahn fährt

Wuppertal · Der WZ-Kolumnist hadert noch mit den Ergebnissen der Testfahrten.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Ab Donnerstag soll die Schwebebahn wieder ihren Betrieb aufnehmen. Ich freue mich still. Andere Zeitgenossen wollen die erste Fahrt hart feiern und ein Event daraus machen. Ich hörte davon, dass sich eine größere Anzahl von Spaßvögeln an der Station Robert-Daum-Platz treffen will, um mit der ersten Bahn, die um 5.12 Uhr in Vohwinkel startet, zur Endstation nach Oberbarmen zu fahren. Ausgestattet mit Alkohol, Luftschlangen und Pappschildern, auf denen angeblich „Da isse ja wieder“ und andere lustige Sprüche stehen. Komisch an dieser Geschichte ist die Tatsache – ich bin wie immer sehr gut informiert –, dass alle Teilnehmer dieser Schwebebahn-Welcome-Aktion die Bahn selber nie benutzen, da sie jeden Tag mit dem Auto fahren oder ihr Haus nicht verlassen.

Für Menschen, die aus beruflichen Gründen auf die Schwebebahn angewiesen sind, ist der Start am 1. August auch eine Freude, aber kein Grund, morgens in der Bahn ein Fest zu veranstalten. Wenn diese Fahrt aber als eine Art Mutprobe zu verstehen ist, dann bitte ich darum, dass alle Teilnehmer die Fahrt auch in Vohwinkel antreten, weil: Halbe Strecke – halbes Risiko! Aber da fängt es ja schon an: Aus Bequemlichkeit steigt man an der Schwebebahnstation zu, die dem eigenen Wohnhaus am nächsten ist. Um erst einmal mit dem Taxi nach Vohwinkel zu fahren, dafür ist man dann auch noch zu geizig!

Meine erste Fahrt mit den in Valencia kunstvoll gefertigten, himmelblauen Bahnen werde ich noch etwas verschieben, da ich aus Sicherheitsgründen zunächst die Ergebnisse der weiteren Testfahrten – jetzt mit echten Fahrgästen, abwarten möchte. Bei den bisherigen Fahrten wurden nur Gewichte in die Bahn gestellt, die eine vollbesetzte Schwebebahn simulierten. Außerdem möchte ich vor meiner ersten Schwebebahnfahrt in neue Tarifverhandlungen eintreten, da mir die jährliche Preiserhöhung, um es an dieser Stelle einmal ganz ehrlich und auf Deutsch zu sagen, ziemlich auf den Sack geht. Das muss alles billiger werden, besonders für Rentner, die sich mit einer wöchentlichen Kolumne über Wasser halten müssen.

Als weiteren Grund, die Jungfernfahrt nicht schon am Donnerstag anzutreten, möchte ich anführen, dass die Bahn immer noch mit dem alten Betriebssystem fahren wird. Beim neuen Betriebssystem würden die Bahnen im Zwei-Minuten-Takt durch das Tal schweben. Nun bleibt es aber vorerst beim Vier-Minuten-Takt. Ich hatte mich auf das neue System mehr gefreut, übrigens, als über die neuen Züge, die, das muss man zugeben, schon sehr schick sind. Berücksichtigen sollte man auch, dass ein Zwei-Minuten-Takt unserem Ruf als Bergische Groß- und Einkaufsstadt mit Herz und Innovation, förderlich wäre. Die Zeit, die ich schon wartend an Schwebebahn-Haltestellen vergeudet habe, könnte ich ihnen hier in Form einer Tortengrafik anschaulich darstellen, aber dann wäre kein Platz für mein Kolumnen-Foto. Eine Kolumne ohne mein Foto abzudrucken hat der Chefredakteur aber untersagt. Da kann man nichts machen.

Zurück zum Thema: Das neue Betriebssystem wird hoffentlich irgendwann kommen, dann können die neuen Züge auch endlich mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h fahren. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Verantwortlichen der Wuppertaler Stadtwerke im Grunde mein vollstes Vertrauen besitzen. Es ist nur so, dass ich in meinem Leben schon öfters Menschen mein Vertrauen ausgesprochen habe, in der Hoffnung, sie würden mich nicht enttäuschen. Nun, es war mal so und mal so. Als ich vor einigen Wochen einen großen Freizeitpark besuchte, bemerkte ich, dass ich die Schwebebahnfahrten in luftiger Höhe schon sehr vermisse. Ich probierte sodann alle vorhandenen Fahrgeschäfte aus: Kettenkarussell, Riesenrad, Achterbahn und die Geisterbahn. Ich musste am Ende feststellen, dass diese Vergnügungsfahrten, im Vergleich zu unserer einschienigen Hängebahn, sterbenslangweilig waren. Selbst die Fahrt mit der spektakulären „Black Mamba“ konnte mir nicht die körperlichen Reaktionen entlocken, die ich bei einer Fahrt mit der Schwebebahn empfinde: Die Beschleunigung zu spüren und das eigene Orientierungssystem mit gefährlichen Geraden und plötzlichen Steilkurven zu kitzeln, sind nur einige von zahlreichen Erklärungen, warum Schwebebahnfahrten vielen Spaß macht. Oder Angst.

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