Warnstreiks: Ein Knochenjob für 1250 Euro netto

Schlechte Bezahlung bei großer Belastung: Die Altenpfleger gehen auf die Straße. Auch Matthias Beckmann ist dabei und fordert mehr Geld.

<strong>Wuppertal. Matthias Beckmann ist Altenpfleger aus Überzeugung. Aber die Wut über die schlechte Bezahlung und den schlechten Personalschlüssel in der Betreuung treibt ihn - wie viele seiner Kollegen - zum Streik auf die Straße. Seit 2003 arbeitet der 28-Jährige im städtischen Altenheim Cronenberg in einem speziellen Bereich für Demenzkranke, 7,5 Stunden am Tag, manchmal 12 bis 13 Tage am Stück. Oft muss er auch an freien Wochenenden wegen Krankheit oder Urlaub einspringen. 1250 Euro netto verdient der ausgebildete Altenpfleger. 16 Bewohner werden im Früh- und Spätdienst von eineinhalb bis zwei Pflegern betreut. "Der Betreuungsschlüssel ist so gering, weil die Bewohner auf unserer Station nicht so hohe Pflegestufen haben", erklärt Beckmann. Das Traurige dabei: Eigentlich sollten gerade die Demenzkranken besonders gefördert werden. Die Pfleger sollen die alten Menschen dazu anregen, sich selbst zu waschen, selber zu essen und das eigene Brot zu schmieren. Doch dafür bleibt kaum Zeit: "Das ist alles sehr knapp bemessen. Ich habe immer weniger Zeit für die Bewohner selbst. Das geht auf ihre Kosten. Dabei haben die dementen Bewohner eine sehr gute Antenne dafür, wenn man nervös oder hektisch ist", sagt Beckmann. Neben den pflegerischen Aufgaben muss er sehr viele Berichte schreiben und Bürokram erledigen - jeder Mitarbeiter ist damit im Schnitt eine Stunde pro Tag beschäftigt.

Im Gegensatz zu anderen Pflegern, bei denen oftmals auch die körperliche Belastung sehr groß sei, leiden Beckmann und seine Kollegen vor allem unter dem psychischen Stress. "Viele Mitarbeiter müssen irgendwann dringend mal raus, sie sind sehr belastet." Wie die Stimmung unter den Kollegen ist? "Oft sehr verzweifelt und ausweglos", so Beckmann.

Darum sind auch die meisten von ihnen beim Verdi-Warnstreik der städtischen Altenpflegeheime dabei. Beckmanns größte Kritik neben dem geringen Personalschlüssel: "Es kann nicht sein, dass alles immer teurer wird und wir am Ende des Monats nicht mehr rausbekommen." Nur mit Urlaubsgeld und Feiertagszuschlag kann er sich auch mal etwas leisten.

Acht Prozent mehr Lohn für die knapp 4000 Angestellten der Stadt Wuppertal - für Kämmerer Johannes Slawig ist das eine Horrorvision: "Das ist für Wuppertal nicht zu finanzieren", stellte Slawig auf WZ-Nachfrage klar und stellt, wie berichtet, Mehrkosten für den städtischen Haushalt von jährlich zehn Millionen Euro in den Raum. "Das wäre nur über höhere Verschuldung zu schultern."

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