Schwebebahn-Unfall Wäre eine fahrerlose Schwebebahn riskanter?

Wuppertal/Düsseldorf · Vor dem Schwebebahnunglück meldete ein Fahrer einen Schaden. Hätte es viel schlimmer kommen können, wenn nicht ein Schwebebahn-Fahrer der Leitstelle eine lockere Stromschiene gemeldet hätte?

Das Gerüst der Wuppertaler Schwebebahn, von dem sich die schwere Stromleitung löste und herunterkrachte.

Das Gerüst der Wuppertaler Schwebebahn, von dem sich die schwere Stromleitung löste und herunterkrachte.

Foto: Andreas Fischer

Das Wuppertaler Schwebebahnunglück vom Sonntag hat nur Sachschaden und reichlich Folgeärger wegen der nun stillstehenden Bahnen verursacht. Hätte es viel schlimmer kommen können, wenn nicht ein Schwebebahn-Fahrer der Leitstelle eine lockere Stromschiene gemeldet hätte, was dann zum Stopp der Fahrten führte? Das verhinderte zwar nicht, dass fast 350 Meter der Stromschiene vom Gerüst fielen, unter anderem auf einen Pkw. Aber ein Weiterbetrieb der Bahn bei nicht rechtzeitiger Entdeckung der lockeren Stromschiene hätte vielleicht weitere Schäden verursacht. Was wäre gewesen, wenn die Wuppertaler Schwebebahn gar keinen Fahrer mehr hätte, der den Schaden hätte bemerken können?

An einen solchen autonomen Betrieb ist in Wuppertal durchaus schon mal gedacht worden. Doch ein entsprechender Beschluss des Aufsichtsrats der  Wuppertaler Stadtwerke (WSW) war 2002 nach vielen Bedenken wieder fallen gelassen worden. Und dass man erst kürzlich eine Masterarbeit „Schwebebahn Autonomes Fahren“ ausgeschrieben hat,  sei zunächst nur von akademischem Interesse, sagte WSW-Sprecher  Rainer Friedrich noch kurz  vor dem Unglück vom Sonntag gegenüber dieser Zeitung. Das Thema fahrerlose Bahnen sei für die neue Schwebebahn-Generation ohnehin erledigt.  Doch ausgeschlossen ist es nicht, dass irgendwann das akademische in ein ganz praktisches Interesse am autonomen Bahnbetrieb übergeht. Auch im Schienenverkehr geht der Trend längst in diese Richtung. Kommt dann eines Tages doch die Geister-Schwebebahn?

Die Allianz pro Schiene, ein Verband zur Förderung des Schienenverkehrs, betont, dass autonomes Fahren auch im Schienenverkehr längst keine Seltenheit mehr ist.  Allein in 15 europäischen Großstädten seien S- und U-Bahnen autonom unterwegs. Jedes Jahr beförderten sie rund eine Milliarde Menschen. Zwei U-Bahnlinien in Nürnberg sind vollautomatisiert. All das habe den Vorteil von mehr Pünktlichkeit, Flexibilität und Effizienz. Weil selbstfahrende Bahnen in ständigem gegenseitigen Austausch stehen, könnten bisher statische Sicherheitsabstände kleiner werden. Das führe zu höherer Auslastung des Netzes und ermögliche eine engere Taktung. Im Störfall, so betonen die Befürworter autonomer Systeme, verhalte sich eine fahrerlose Bahn genauso wie ein Lokführer: Sie hält an.

Schwebebahn stellt Betrieb ein - Stromschiene fällt auf Auto
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Foto: Andreas Fischer

Sky Train startet täglich mit einer bemannten Dienstfahrt

Eine Schwebebahn im Kleinen, die ohne Fahrer unterwegs ist, gibt es auch in unserer Region: den Sky Train am Düsseldorfer Flughafen. Die vollautomatische Kabinenbahn bewegt sich in fünf bis 20 Metern Höhe auf einer 2,5 Kilometer langen Fahrstrecke über das Flughafengelände. Pro Stunde und Richtung können die fünf Züge bei einem Tempo von bis zu  50 km/h bis zu 2000 Menschen transportieren.

Chronik der Schwebebahn-Unglücke
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Foto: Wolfgang Westerholz

Flughafensprecher Christian Hinkel sieht zunächst einmal einen grundsätzlichen Unterschied  zur Wuppertaler Schwebebahn. Beim Sky Train befinde sich die Stromschiene innerhalb des  Fahrwegs. Sie sei sozusagen umhüllt, so dass sie nicht auf die Straße fallen würde, wenn sie sich lösen sollte.  „Jeden Morgen startet das Sky Train-System mit einer bemannten Dienstfahrt“, erklärt Hinkel. Zu jedem Schichtwechsel (dreimal täglich) werde die Strecke via Kamera überprüft. Hinweisschilder stehen überall an der Strecke auf der Straße, wo die Fahrbahn gequert wird. Security-Personal sei sensibilisiert, auf freie Fahrwege zu achten. Die Zuverlässigkeit des SkyTrains im Passagierbetrieb sei hoch. Die Verfügbarkeit des Systems liege bei rund 99,8 Prozent.

Ob es nun bei einer autonom fahrenden Wuppertaler Schwebebahn zu einem größeren Schaden gekommen wäre oder ob ein Schaden durch eine automatisch generierte Schadensmeldung  vielleicht sogar besser verhindert worden wäre, ist freilich hypothetisch. Ebenso wie die Frage, ob es überhaupt irgendwann einmal zu einer autonom fahrenden Schwebebahn im Wuppertal kommen wird.

Wie weit es sich im aktuellen Fall positiv ausgewirkt hat, dass ein Fahrer an Bord der Bahn war, will WSW-Sprecher Holger Stephan nicht beurteilen. Wohl aber erinnert er an einen ähnlichen Schwebebahnunfall vor fünf Jahren, bei dem Passagiere aus der Bahn herausgeholt werden mussten. Da habe ein sehr umsichtiger Fahrer geholfen. Das sei gewiss beruhigender gewesen, als wenn die Menschen lediglich eine Lautsprecherdurchsage zu hören bekommen hätten, sagt Stephan.

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