Historie Vor 50 Jahren fuhr die letzte Straßenbahn im Meterspurnetz

Wuppertal · Der 31. Juli 1970 markierte das Ende des Rückgrats des elektrischen ÖPNV in Wuppertal.

 Diese Aufnahme vom 12. Juli 1967 zeigt den TW 105, der heute noch im Straßenbahnmuseum der Bergischen Museumsbahnen erhalten und dort für die Fahrten im Einsatz ist, an der Endstelle Sudberg.

Diese Aufnahme vom 12. Juli 1967 zeigt den TW 105, der heute noch im Straßenbahnmuseum der Bergischen Museumsbahnen erhalten und dort für die Fahrten im Einsatz ist, an der Endstelle Sudberg.

Foto: WSW

Die Bergischen Museumsbahnen in der Kohlfurt sind ein letztes Überbleibsel: Heute vor 50 Jahren fuhr die letzte Straßenbahn des Meterspurnetzes in Wuppertal. In den 50er Jahren hingegen umfasste es noch rund 57 Kilometer innerhalb Wuppertals und führte auch in die Nachbarorte. Doch der Aufwand, neben der Normalspurstraßenbahn, der Schwebebahn und den Bussen mit und ohne Oberleitung noch ein weiteres Verkehrssystem mit eigener Werkstatt zu betreiben, war den Wuppertaler Stadtwerken zu groß. Deshalb stellten sie am 1. August 1970 den Betrieb ein.

Während Barmen hauptsächlich Straßenbahnen in Normalspur baute, setzte Elberfeld für die Nord-Süd-Verbindungen auf das kleinere Meternetz: Die geringere Spurweite ermöglichte engere Kurven und war billiger zu bauen. Begonnen hatte der Aufbau des Meterspurnetzes Ende des 19. Jahrhunderts mit der Barmer Bergbahn als erster elektrischer Zahnradbahn Deutschlands. Elberfeld folgte direkt mit der Bergischen Kleinbahnen AG, die eine Strecke über Lichtscheid nach Ronsdorf und vom Döppersberg Richtung Langenberg und Essen-Kupferdreh baute. 1947 übernahmen die Wuppertaler Stadtwerke alle Wuppertaler Nahverkehrsmittel. 1960 fuhren in der Meterspur noch die Linie 5 von Solingen über Cronenberg nach Dönberg, die 25 von Sudberg nach Dönberg, die 3 zwischen Viehhof und Grenze Jagdhaus, die 33 von der Ravensberger Straße zur Grenze Jagdhaus, die 30 nach Lichtscheid und die 15 über Hasten nach Remscheid-Zentrum. Teilweise verkehrten die Straßenbahnen alle 7,5 Minuten. Bei der Neugestaltung des Döppersbergs im Zuge der Verkehrsplanung nach dem Krieg wurden dort alle Verkehrsmittel in Ost-West-Richtung verzahnt. „Markantes Bauwerk dieser Lösung war die 1959 gebaute zweigleisige Rampe über die Talstraße (Bundesallee) für die meterspurigen Straßenbahnstrecken“, erzählt Jürgen Eidam in seiner Broschüre „Ergebnisse einer Fehlplanung“. Er ärgert sich bis heute über den Abbau der Straßenbahnverbindungen: „Als letzte westdeutsche Großstadt entschied sich die Schwebebahnstadt für die Abschaffung der umweltfreundlichen Straßenbahn als Rückgrat des elektrischen ÖPNV.“ Ein bequemes Umsteigen sei damals am Döppersberg zwischen allen verschiedenen Verkehrsmitteln möglich gewesen.

Schon damals wurde in Leserbriefen protestiert

Nach und nach wurde die Meterspurbahn jedoch verkürzt. Als erstes wurde der Betrieb der Barmer Bergbahn 1959 eingestellt. Investitionen in Höhe von 1,6 Millionen D-Mark wären für den Weiterbetrieb notwendig geworden. Mit der Außerbetriebnahme fiel hingegen die Werkstatt mit 30 Beschäftigten weg. Ursprünglich sollte die Strecke durch Straßenbahnen ersetzt werden, Baumaßnahmen hatten schon begonnen; dann wurde jedoch stattdessen eine Oberleitungsbuslinie geschaffen.

Als nächstes wurde in den 60er Jahren die Linie 3/33 an der Historischen Stadthalle verkürzt. „Ein schwerwiegender Eingriff in die Substanz des Meterspurnetzes war im April 1965 die Einstellung der städteverbindenden Straßenbahn-Gemeinschaftslinie 15 zwischen Wuppertal und Remscheid“, sagt Jürgen Eidam. Die Wuppertaler Stadtwerke jedoch plagten auch damals schon Geldsorgen. 1965 etwa erlitten die Verkehrsbetriebe einen Verlust von über 17 Millionen D-Mark. Und die Auslastung gerade in den Randgebieten ließ zu wünschen übrig. In den Wirtschaftswunderjahren war das eigene Auto der Traum jeder Familie. Immer mehr Wuppertaler schafften sich eines an, wodurch die Nutzung der Straßenbahnen zurückging.

Jürgen Eidam hielt schon damals in Leserbriefen im General-Anzeiger dagegen: „Die Lebensdauer von Straßenbahnwagen liegt erheblich höher als die von Omnibussen, abgesehen davon, daß im Fall einer Stilllegung der Straßenbahn die Omnibusse auch noch erst gekauft werden müßten.“ Der damalige kaufmännische Direktor der WSW, Walter Kühlthau, argumentierte hingegen, dass der Anteil der Schmalspur-Kilometer am Straßenbahnnetz nur zehn bis zwölf Prozent ausmachten. Dafür seien die hohen Werkstattkosten unverhältnismäßig und auch im Vergleich zu anderen Verkehrsbetrieben sehr hoch. So fuhr dann am 31. Juli 1970 ein „Konvoi von sechs betagten Zweiachsern“ (Eidam) auf ihrer letzten Fahrt in den Elberfelder Norden, begleitet von wehmütigen Wuppertalern.

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