Von England nach Elberfeld: Eine Liebesgeschichte

Wie Nick Faulkner aus York vor 40 Jahren nach Wuppertal kam — und für immer blieb.

Elberfeld. Der neue Rockprojekt-Geschäftsführer und Uncle Ho-Drummer Björn Krüger hat auf seinem Schlagzeug das Trommeln gelernt, und auch der Sänger von Wuppertals bekannter Crossover-Kombo, Julian Hanebeck, war Schüler bei ihm: Nick Faulkner. „Der Julian konnte eigentlich auch gut Schlagzeug spielen“, erinnert sich der einstige Lehrer.

Beinahe 40 Jahre unterrichtete der Engländer Faulkner am Gymnasium Vohwinkel, genau 40 Jahre lebt er bereits in Wuppertal — warum? „Weil ich hier das gefunden habe, vor dem ich in England geflohen bin“, sagt der heute 63-Jährige.

Wie er damals nach Wuppertal kam? Das ist eine lange Geschichte, die von Freundschaft und natürlich auch von der Liebe — einer kurzen und intensiven — handelt. „Wir waren damals auf Krk eine richtige Clique — jeden Sommer waren wir zusammen“, erinnert sich Faulkner. Mit seinen Eltern hatte er auf der heute zu Kroatien gehörenden Insel jahrelang die Sommerferien verbracht — und dort Freunde gefunden. Die Deutschen der Clique, Horst und seine Freundin Ulla, Gerry — der Sohn von Horst Tappert — sowie Mike und Berti, kamen aus Wuppertal.

Letzterer lud den befreundeten Briten im Sommer 1971 ins Tal ein, um das Ende seines Wehrdienstes zu feiern. Der reiselustige Faulkner machte sich auf den Weg nach Wuppertal. Auf der Party lernt er Sybille aus Essen kennen. Die Liebe zu der jungen Frau währt nur kurz — die zu Wuppertal ein Leben lang.

Denn eine Rückkehr in Faulkners Geburtsstadt York kommt nicht in Frage. „Wuppertal war in meinen Augen groß, lang, modern — die Stadt schien alles zu haben“, so der Zugezogene über die neue Heimat. Die Kontraste zwischen den einzelnen Quartieren, zwischen Industrie und Architektur, zwischen Autobahn und Schwebebahn faszinieren den jungen Mann, der nur eines will: Frei sein.

Ob er denn als Engländer in Deutschland, so kurz nach dem Krieg, schief angeschaut wurde? „Im Gegenteil, in England fragten die Leute eher, wie ich als Engländer in Deutschland leben könnte nach allem, was passiert ist.“ Die Erinnerungskultur der Deutschen bewundert Faulkner: „Die Engländer haben sich gar nicht mit dem Krieg auseinandergesetzt — in Deutschland war das Dauerthema.“

Anfangs arbeitete Faulkner für eine Sprachschule. „Ich sprach kein Wort Deutsch und einen Klassenraum wollte ich nie wieder betreten“, sagt der vom britischen Bildungssystem enttäuschte Lehrer. Drei Jahre später aber tritt er eine Stelle am Gymnasium Nocken an — und erlebt ein Schulsystem, das sich grundlegend von dem in Großbritannien unterscheidet: „Eine wundervolle Zusammenarbeit — zwischen den Lehrern, aber auch mit den Schülern. In England hatte ich das Gefühl, dass Schüler und Lehrer gegeneinander arbeiteten.“

Nick Faulkner fühlt sich wohl: „Ich war und bin Elberfelder.“ Jeden Tag geht es mit der Schwebebahn von der Nordstadt nach Vohwinkel in die Schule. „Ich weiß noch genau, welche Angst ich bei meiner ersten Fahrt hatte“, berichtet der Mann, der gar nicht so aussieht, als sei er bereits Rentner. Doch im August hat er sich aus dem Staatsdienst verabschiedet — mit einem großen Fest im September in der Börse, zu dem seine Weggefährten eingeladen waren. „Ohne diese Menschen hätte ich nie hierbleiben können“, resümiert Nick Faulkner. Auch zwei seiner Freunde aus der Krk-Clique waren dabei. Und in Faulkners Wohnzimmer in einem alten, typisch bergischen Fachwerkhaus sollen bald Uncle Ho spielen. „Das ist doch perfekt dafür“, sagt Faulkner und lächelt verschmitzt. Eine Zusage hat er schon, nun muss noch ein Termin gefunden werden.

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