Von der Heydt-Museum : Das kleine Mädchen mit Strohhut
Paula Modersohn-Beckers Bild ist ab 9. September am Turmhof zu sehen.
Fasziniert von einfachen bäuerlichen Motiven und der Malerei unter freiem Himmel, kam Paula Modersohn-Becker (1876-1907) als Kind einer Dresdener Bürgerfamilie über das Studium an der London School of Arts und der Malschule des Vereins Berliner Künstlerinnen in die Malerkolonie Worpswede. Seit 1898 lebte sie als Schülerin von Fritz Mackensen ständig in dem nahe Bremen gelegenen Dorf, unterbrochenen von einigen Aufenthalten in Paris. 1901 heiratete sie den verwitweten Otto Modersohn, einen führenden Künstler der Malerkolonie.
Unser Porträt eines jungen Mädchens mit Strohhut, das ab 9. September in unserer Ausstellung „Paula Modersohn-Becker – Zwischen Worpswede und Paris“ zu sehen sein wird, lässt Typisches für die Arbeit der Künstlerin erkennen: beispielsweise die Nahsicht. Hat die Künstlerin ihr Motiv gefunden, so erscheint das, was sie selbst am eindringlichsten wahrnimmt und empfindet, als bildbeherrschend. Hier bannt der Kopf des Kindes, das präzise modellierte Gesicht, von blonden Haaren umrahmt, und der darüber sitzende dunkle Strohhut den Blick. Gemeinsam mit der nur angedeuteten Landschaft des Hintergrunds formt sich trotz des kleinen Formats ein in sich stimmiges Ganzes. Aus wachen, klaren Augen blickt das Mädchen sein Gegenüber spontan an, so dass ein Dialog möglich scheint. Die Darstellung weicht von den meisten anderen Kinderbildern ab, in denen die Jungen und Mädchen durch den Beschauer hindurch zu blicken scheinen, so als ob ihre Aufmerksamkeit nur vorbei gleitet, um dann wieder in der eigenen kindlichen Welt zu versinken.
Während im 19. Jahrhundert Kinder bevorzugt als glückliche, asexuelle Wesen dargestellt wurden, wandte sich Paula Modersohn-Becker zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem Kind und seiner ihm eigenen Welt zu. Anders als bei Käthe Kollwitz lässt sich jedoch in ihren Gemälden keine moralisierende Absicht erkennen. Sie belässt die Kinder einfach in ihrer naturhaft-kreatürlichen Lebenswelt.