Opferhilfe Vergewaltigungen, Überfälle, Gewalt: Für die Wuppertalerin Klaudia Duhr gehört das zum Alltag

Wuppertal · Die pensionierte Kriminalbeamtin Klaudia Duhr spricht über ihre Arbeit beim Weissen Ring Wuppertal. Sie hilft den Opfern von Straftaten.

 Die pensionierte Kriminalbeamtin Klaudia Duhr engagiert sich ehrenamtlich beim Weissen Ring Wuppertal in der Opferhilfe.

Die pensionierte Kriminalbeamtin Klaudia Duhr engagiert sich ehrenamtlich beim Weissen Ring Wuppertal in der Opferhilfe.

Foto: Stefan Fries

Ein Diebstahl, gefährlicher Raubüberfall, häusliche Gewalt, ein Mord – Taten, die ein Loch in die Seele reißen können. Taten, die lange nachwirken können, selbst wenn sie Jahrzehnte zurückliegen. Doch wohin mit der Angst, der Verzweiflung? Was geschieht mit den Opfern? Um diese Menschen kümmert sich der Weisse Ring Wuppertal e.V.

Klaudia Duhr ist pensionierte Kriminalbeamtin aus Wuppertal. Nun engagiert sie sich ehrenamtlich beim Weissen Ring Wuppertal in der Opferhilfe. „Ich habe mit 18 Jahren eine Ausbildung bei der Polizei angefangen, bin Kriminalbeamtin geworden und hab über 40 Jahre als Kriminalbeamtin gearbeitet“, erzählt sie. Sehr früh, als junge Kriminalbeamtin, hatte sie dann ein Schlüsselerlebnis, das sie auch heute noch vor Augen hat. „Das war eine Frau, die vergewaltigt wurde, die ich nachts nach der Vernehmung nach Hause gefahren habe“, erinnert sie sich. „Sie saß im Auto und war total verloren, starrte nur vor sich hin und sagte dann: Was wird denn jetzt mit mir?“. So stand für sie schnell fest, dass sie auch nach der Pensionierung in dem Bereich weiter arbeiten will.

Menschlicher Beistand für Opfer von Straftaten

Beim Weissen Ring geht es um den menschlichen Beistand und die persönliche Betreuung nach einer Straftat. Dazu gehöre etwa auch die Begleitung zu Terminen bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder im Gericht. Auch arbeitet der Weisse Ring eng mit anderen Hilfsorganisationen in Wuppertal zusammen, organisiert Veranstaltungen für Kriminalprävention, zum Beispiel in Schulen.

Oft treten die Menschen zunächst per Telefon mit den Mitarbeitern des Weissen Rings in Kontakt. Dann wird in der Regel ein Termin ausgemacht, wo es ein erstes Gespräch mit dem Opfer gibt. „Das kann manchmal auch wirklich sehr intensiv sein“, so Duhr. Viele, zum Beispiel Missbrauchsopfer, haben auch eine große Schwellenangst davor, überhaupt zu ihnen zu kommen. „Manchmal sitzt man auch erst einmal zehn Minuten und atmet tief durch oder spricht auch mal über etwas ganz Belangloses, dann tasten wir uns vorsichtig in das Gespräch rein“, erklärt Duhr. Behutsam, einfühlsam und mit großer Professionalität wird den Menschen beim Weissen Ring begegnet, wird darüber gesprochen, was ihnen passiert ist. „Ich sehe den Weissen Ring oder uns Mitarbeiter immer als Geländer, wo man sich erst einmal festhält“, erzählt die pensionierte Kriminalbeamtin.

Wenn ein Mensch etwa Opfer eines Raubüberfalls geworden, physisch oder psychisch verletzt worden ist, dann stellt der Weisse Ring beispielsweise einen Rechtsanwalt zur Seite, übernehme auch die Kosten der Erstberatung.

„Es kann auch sein, dass Frauen nach häuslicher Gewalt aus der Wohnung rausmüssen und erst einmal ohne Mittel dastehen. Dann helfen wir aus dieser Not heraus“, sagt Duhr weiter. Der Weisse Ring finanziert seine Tätigkeiten ausschließlich über Mitgliedsbeiträge, Spenden oder auch Geldauflagen, die von Staatsanwaltschaften und Gerichten verhängt werden. „Wir kriegen keine staatliche Unterstützung, aber im Rahmen der Möglichkeiten, die wir durch die Spenden haben, können wir auch finanziell unterstützen“, sagt sie.

Zwar gebe es auch den polizeilichen Opferschutz, der jedoch nicht die gleichen Möglichkeiten wie der Weisse Ring bietet, etwa was die finanziellen Angelegenheiten angeht.

Gegründet wurde der Weisse Ring 1976 in Deutschland unter anderem von dem Fernsehjournalisten Eduard Zimmermann. Er konzipierte auch die Fernsehserie „Aktenzeichen XY ... ungelöst“. Mittlerweile gibt es rund 400 Außenstellen, in denen sich rund 3000 Ehrenamtliche engagieren. Pandemiebedingt ist das Team der Außenstelle Wuppertal von zehn Menschen auf fünf geschrumpft. Nun sind sie jedoch wieder im Ausbau, berichtet Klaudia Duhr. Zwei Bewerberinnen gebe es aktuell, mehr sind stets willkommen, betont sie.

Menschen, die sich bei der Opferhilfe engagieren wollen, sollten sich im Klaren darüber sein, dass sie sich auch mit intensiven Themen wie Kindesmissbrauch auseinandersetzen müssen. Die Ausbildung fängt mit einem Erstgespräch an. Danach erfolgen Hospitationen, Schulungen und Seminare, um die Ehrenamtlichen umfassend auf die komplexen Themen der Opferhilfe vorzubereiten.

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