Vereine bieten Hilfe für Schulverweigerer

Schulschwänzer haben vielschichtige Gründe für ihr Fehlen im Unterricht — manchmal sind es psychische, ein anderes Mal körperliche.

Vereine bieten Hilfe für Schulverweigerer
Foto: A. Schwartz

Klar, Schule ist manchmal mühsam und fordernd. Da erscheint es viel netter und einfacher, den Tag vor dem Computer zu verbringen oder durch Kaufhäuser zu schlendern. „Schulverweigerung ist an jeder Schule ein Thema“, sagt Lars Büttgenbach, Sprecher der Hauptschulen. Doch er unterscheidet zwischen dem „mal schwänzen“ aus akuter Lustlosigkeit und der Schulverweigerung, bei denen die Lehrer die Schüler trotz intensiver Bemühungen nicht mehr erreichen. „Wir beißen uns an einigen Fällen die Zähne aus — allerdings stecken dann fast immer irgendwelche Krankheiten dahinter oder ein verwahrlostes Elternhaus.“

Vereine bieten Hilfe für Schulverweigerer
Foto: dpa

An Gymnasien und Realschulen gebe es außerdem die innere Verweigerung — Jugendliche, die aus Trotz weit unter ihren Fähigkeiten arbeiten und sich jeder Hilfe entziehen. Wenn die Lehrer merken, dass ein Kind die Schule schwänzt, sprechen sie erst einmal ausführlich mit ihm.

Wuppertaler

Schulzeit

„Oft sind banale Dinge die Ursache, etwa dass ein Schüler keine Fahrkarte hat“, erzählt Büttgenbach. Oder ein Jugendlicher fühlt sich von seinen Klassenkameraden gemobbt. Dann versuchen die Lehrer und Schulsozialarbeiter zu helfen. Zur Not klopfen die Schulsozialarbeiter auch zu Hause an die Wohnungstür, wenn ein Schüler häufiger fehlt.

Jugendliche, deren Eltern es komplett egal ist, ob sie zur Schule gehen, müssen schließlich sehr viel mehr Initiative aufbringen als solche, deren Mütter sie pünktlich wecken und das Pausenbrot bereit halten. Bringen die schuleigenen Bemühungen nicht den gewünschten Erfolg, schaltet der Direktor den Bezirkssozialdienst und das Jugendamt ein. „Wir initiieren auch sehr schnell ein Bußgeldverfahren“, sagt Büttgenbach. Dann müssen die Eltern oder sogar das Kind persönlich bis zu 50 Euro pro Tag Strafe bezahlen. „Das kann bis zur Beugehaft gehen“, berichtet Büttgenbach.

Lars Büttgenbach, Sprecher der Hauptschulen

In der Hauptschule gelten rund zwei von 100 Schülern als Schulverweigerer. An den anderen Schulformen sind es deutlich weniger. Das Schulamt schätzt, dass in Wuppertal rund 50 Schüler pro Jahr betroffen sind. Doch es gibt keine verlässliche Statistik dazu.

Denn je nach Fall gibt es verschiedene Anlaufstellen, die den Schülern neue Perspektiven eröffnen sollen: Wer psychisch oder körperlich krank ist, erhält Hilfe in der Klinik Aprath und beim schulpsychologischen Dienst. Für andere Fälle gibt es mehrere erfolgreiche Projekte in Wuppertal: Bevor es zur Verweigerung kommt, will Talworks ansetzen. Dort erhalten Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine praxisorientierte Berufsvorbereitung.

An prinzipiell leistungsbereite Schüler wendet sich die Spitzenklasse in Langerfeld. Dort bilden jedes Jahr 18 Schüler, die noch mindestens zwei Jahre Regelschulzeit vor sich haben, eine Klasse. Zwei Lehrer, eine Werkerzieherin und eine Jahrespraktikantin kümmern sich intensiv um die Jugendlichen. Sie machen Ausflüge und kochen freitags gemeinsam Mittagessen. Intensive Gespräche sind jederzeit möglich.

Durch diese persönliche Zuwendung bekommen die Schüler den Kopf frei und entdecken neu die Freude am Lernen. Jeder lernt in seinem eigenen Tempo. Rund 70 Prozent der Absolventen schaffen nach zwei Jahren den Hauptschulabschluss — und das, obwohl einige direkt aus der sechsten oder siebten Klasse kommen. Manche starten sogar richtig durch und erreichen die mittlere Reife.

Der Verein Apeiros hat zum einen eine App entwickelt, die dabei helfen soll, eine Häufung von Fehlstunden schneller zu entdecken. Dadurch soll ein frühes Eingreifen möglich werden. Harte Fälle werden vor Ort in der Huppertsbergfabrik in Elberfeld betreut. Zu Beginn müssen die Jugendlichen erst einmal zwei Stunden am Tag dorthin kommen und dürfen selbst entscheiden, wie sie die zwei Stunden verbringen. Ziel ist weniger das Lernen von Unterrichtsinhalten als die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, die Strukturierung des Lebens. Der in Wuppertal gegründete Verein ist auch überregional erfolgreich und hat Standorte in ganz NRW.

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