Verdi streikbereit: Heißes Frühjahr in Wuppertal

Tarifstreit: Die Gewerkschaft spürt den Druck ihrer Mitglieder und bereitet sich auf umfangreiche Streikaktionen vor. Einen ersten Vorgeschmack kann es bereits diese Woche geben.

<strong>Wuppertal. Seinen Mitarbeitern hat Verdi-Bezirksgeschäfstführer Dietmar Bell ab April Urlaubssperre verordnet, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird in diesem Frühjahr in der Elberfelder Verdi-Zentrale jede Frau und jeder Mann benötigt. Schon jetzt arbeitet man dort fieberhaft an der Vorbereitung der ersten Warnstreiks im Öffentlichen Dienst, auf die sich die Wuppertaler bereits in dieser Woche einstellen müssen. Denn Bell rechnet nicht damit, dass es bei der heutigen Tarif-Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst zu einem Ergebnis kommen wird. Das tut übrigens keiner der Verhandlungs-Teilnehmer.

Bundesweit hat die Dienstleistungsgewerkschaft für diesen Fall Warnstreiks angekündigt. Und Wuppertal wird davon nicht verschont bleiben - so viel kann Bell bereits versprechen. Er hält es darüber hinaus für wahrscheinlich, dass ab April - sollte auch die letzte Verhandlungsrunde scheitern - die Beschäftigten massiv in den Ausstand treten. Mit erheblichen Auswirkungen auf das öffentliche Leben.

Seit langem hat Wuppertal keinen Arbeitskampf mehr erlebt, der Teile des öffentlichen Lebens über längere Strecken lahmgelegt hätte. 2004 gab es Warnstreiks, einen heißen Arbeitskampf 1992. Damals trugen die Gewerkschaftsvertreter der ÖTV rund zwei Millionen Mark an Streikgelder in Wäschekörben aus der Landeszentralbank. In der Stadt blieben unterdessen die Mülleimer ungeleert.

Nun könnte es wieder so weit sein. "Wir haben das Gefühl, es geht in Richtung Streik", sagte Bell, und es klingt nicht nur wie eine Drohung. Dazu ist der Druck von Seiten der Beschäftigten auf ihre Gewerkschaft viel zu groß. "Die Mitarbeiter erwarten etwas von uns", weiß Bell.

Damit erhält auch die Strategie der Gewerkschaft eine neue Dimension. Bell und seine Kollegen waren in Altenheimen, Kindertagesstätten und bei Helios unterwegs, eindeutige Hinweise darauf, dass diesmal nicht nur die Angestellten der Stadtverwaltung oder die Busfahrer auf die Straßen gehen, sondern auch deutliche sensiblere Bereiche betroffen sein werden.

Bell geht außerdem davon aus, dass die Wuppertaler Verständnis für die (Warn-)streikenden aufbringen: "Wir wissen, dass 60 Prozent der Bevölkerung unsere Forderungen unterstützen."

Zu den übrigen 40 Prozent zählt Stadtkämmerer und Personalchef Johannes Slawig. Er akzeptiert Lohnerhöhungen zwar, hält acht Prozent aber für indiskutabel. Sollten sich die Arbeitnehmer durchsetzen, prognostiziert er allein für den bankrotten Stadthaushalt jährliche Mehrkosten in Höhe von zehn bis zwölf Millionen Euro.

Verdi Die Gewerkschaft geht davon aus, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst seit 2004 angesichts der Preissteigerung keine tatsächlich spürbare Lohnerhöhung mehr erhalten haben und fordert acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 200 Euro. Verdi sind auch die niedrigen Einstiegslöhne in vielen Bereichen ein Dorn im Auge, was es zahlreichen Verwaltungen mittlerweile schwer mache, qualifiziertes Personal zu finden.

Arbeitgeber Die öffentlichen Arbeitgeber bieten fünf Prozent für zwei Jahre an und verlangen im Gegenzug längere Arbeitszeiten. Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst werden heute in Potsdam fortgesetzt.

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