Justiz Lebenslang für Mord an 78-jähriger Cronenbergerin

Wuppertal · Der Mann, der im vergangenen Jahr eine 78 Jahre alte Cronenbergerin getötet hatte, wurde jetzt verurteilt. Das Gericht sieht die Tat als Mord.

 Der Angeklagte verbarg sein Gesicht hinter einer Aktenmappe.

Der Angeklagte verbarg sein Gesicht hinter einer Aktenmappe.

Foto: Katharina Rüth

Eindeutig als Mord klassifizierte das Landgericht die Tötung der 78-jährigen Cronenbergerin im vergangenen September und verurteilte den Angeklagten (36) am Mittwoch zu lebenslanger Haft.

Die Richter schenkten damit der Darstellung des Angeklagten keinen Glauben, er habe die alte Dame in einem plötzlichen Wutanfall getötet. Die Seniorin war am 17. September 2019 tot in ihrem Haus in Cronenberg gefunden worden. Einen Tag später stellte sich der Angeklagte der Polizei.

Er war damals in der Klinik Tannenhof, weil er nach der Trennung von seiner Freundin depressiv war. Er sagte aus, er habe Geld gebraucht und sich bei der 78-Jährigen, der Stiefgroßmutter seiner Ex-Freundin, Geld leihen wollen. Er sei am Morgen des 16. September gegen 10 Uhr zu ihr gefahren, sie hätten noch zusammen Kaffee getrunken, dann habe er wegen einer hämischen Bemerkung „rot gesehen“. Sie habe gesagt, dass die Beziehung mit seiner Freundin wohl wegen seiner ständigen Geldprobleme in die Brüche gegangen sei.

„Ich war direkt rasend vor Wut“, hatte der Angeklagte vor Gericht gesagt. „Als wenn man einen Schalter umgelegt hätte.“ Er habe der Frau erst mit der Faust ins Gesicht geschlagen, dann ein Messer aus der Küche geholt, die Seniorin in den Schwitzkasten genommen und ihr mehrfach in den Hals gestochen, bis sie sich nicht mehr regte.

Danach habe er ihre EC-Karte genommen und sei mit ihrem Wagen weggefahren. Mit der EC-Karte hob er 1000 Euro von ihrem Konto ab, zahlte damit 400 Euro Schulden bei einer Bekannten ab.

Zwei Tage später wurde der Leichenfund bekannt, da  stellte er sich  der Polizei. Zuvor warf er noch zwei Umschläge mit je 200 Euro bei seiner Ex-Freundin in den Briefkasten ein – für die Klassenfahrt der gemeinsamen Kinder.

Das Gericht ging davon aus, dass er zwar tatsächlich Geld wollte, aber nicht damit rechnete, es zu bekommen. Denn die Seniorin habe ihm zwar 2016 einmal Geld gegeben, spätere Forderungen aber abgewiesen. Deshalb gingen die Richter davon aus, dass er eine Tötung der 78-Jährigen plante, das Messer mitbrachte. Die Tatwaffe hat der Angeklagte nach eigener Aussage in einen Mülleimer geworfen. Gefunden wurde sie nie.

Widersprüche in der Aussage
des Angeklagten

Die Staatsanwältin hatte ebenfalls lebenslange Haft wegen Mordes aus Habgier gefordert. Sie wies auf zahlreiche Widersprüche in der Aussage des Angeklagten und zwischen seiner und den Aussagen von Zeugen hin. So wussten Bekannte, dass die Seniorin zwischen 8.30 und 9 Uhr in der Küche frühstückte, der Angeklagte sagte, sie habe um 10 Uhr für sich im Wohnzimmer gedeckt.

Mal habe er von einem hämischen Lachen, dann von einem ruhigen Blick und dann von einem hämischen Grinsen gesprochen. Seine Schilderung der Tat passe nicht zu den Spuren: Ermittler fanden Blut an einem Stuhl, den der Angeklagte nicht erwähnte.

Die Staatsanwältin wies auch auf seine Äußerungen über seinen Hass auf die Familie seiner Ex-Freundin hin. Besonders der Schwester und der Mutter der Freundin gab er die Schuld an der Trennung. Er habe gesagt, er würde der Familie am liebsten die Kehle durchschneiden. Und er habe im Internet gesucht, welche Strafen auf Mord stehen. Auch sein Verhalten nach der Tat sei so geordnet gewesen, dass es nicht zu einem plötzlichen Wutanfall passe.

Der Verteidiger versuchte das zu widerlegen und verwies auf die Psyche seines Mandanten. Dieser habe sich zeit seines Lebens als Versager gefühlt, das immer wieder verdrängt. Die Seniorin habe ihm das mit ihrer Bemerkung erneut vor Augen geführt. Die Tat sei kein kaltblütiger Mord gewesen, sondern der Angeklagte sei mit den zahlreichen Messerstichen völlig über das Ziel hinaus geschossen. Deshalb ordnete der Anwalt die Tat als Totschlag ein. Weil durch die emotionale Ausnahmesituation die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten eingeschränkt war, sei er nur vermindert schuldfähig. Der Verteidiger forderte acht Jahre Haft.

Das Gericht folgte aber weitgehend der Staatsanwältin. Der Angeklagte habe in seinem Leben keine Zufriedenheit, aber auch keinen Weg gefunden, das zu verändern. Probleme habe er verdrängt, anderen „Geschichten“ erzählt, auch seiner Freundin. Als sie unter anderem von den hohen Mietschulden erfuhr, sei die Beziehung zu Ende gegangen.

Auch im Tannenhof habe er weiter eine Fassade aufrechterhalten. Er sei weiter unzufrieden gewesen, habe die Tötungsgedanken entwickelt. Als seine Bekannte die 400 Euro zurückforderte, habe er einen Weg gesucht, diesen Druck zu beenden. Und die 78-Jährige aufgesucht. „Ihm war bewusst, dass er nur eine geringe Chance hatte, Geld zu bekommen“, so der Vorsitzende Richter. Deshalb habe er ein Messer mitgenommen und sei bereit gewesen, es einzusetzen.

Er mahnte den Angeklagten, sich mit seiner Tat auseinanderzusetzen. Er müsse Zugang zu seinen Gefühlen finden und sich klar werden, warum er in der Lage war, einen kaltblütigen Mord zu begehen. Nur dann könne er nach 15 Jahren noch eine Chance bekommen.

Der 36-Jährige, der auch während des Prozesses meist aufmerksam, aber unbewegt zugehört hatte, nahm auch das Urteil äußerlich unbewegt auf  –  schluckte nur einmal.

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