Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil: Hochhaus-Räumung in Wuppertal war rechtens

Das Gericht wies die Klage des Wohnungsunternehmens ab, das die Rechtswidrigkeit hatte feststellen lassen wollen.

 Im Juni 2017 war das Hochhaus an der Heinrich-Böll-Straße geräumt worden.

Im Juni 2017 war das Hochhaus an der Heinrich-Böll-Straße geräumt worden.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Die Räumung des Hochhauses an der Heinrich-Böll-Straße in Wuppertal-Langerfeld im Juni 2017 war rechtens. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf am Donnerstag erklärt. Es wies damit die Klage des Wohnungsunternehmens ab, das die Rechtswidrigkeit hatte feststellen lassen wollen.

Die Stadt hatte am 27. Juni 2017 die rund 70 Bewohner des Hauses in kürzester Frist aus dem Haus geholt. Denn nach dem Brand eines Hochhauses in London mit über 70 Toten bewertete sie die Gefahrenlage bei einer Hochhausfassade aus Kunstoff neu.

Die Richterin sagte: „Bis dahin hat man sich nicht vorstellen können, wie verheerend das sein kann.“ Es habe unmittelbare Gefahr vor Leib und Leben bestanden.

Das Haus war mit Kunststoffpaneelen verkleidet. Bei einer Brandschau 2010 war bereits festgestellt worden, dass die Fassade deshalb brennbar ist und entfernt werden muss. Das hatte die Stadt mehrfach angemahnt, das Wohnungsunternehmen hatte das auch in Aussicht gestellt, es geschah jedoch nichts. Die Richterin sprach von „Hinhaltetaktik über Jahre“.

Noch Anfang Juni 2017 wurde erneut festgestellt, dass die Fassade auch deswegen gefährlich ist, weil durch die Luft hinter der Fassade ein Kamineffekt entstehen kann. Als es dann am 13./14. Juni zu dem Brand des Grenfell Tower Hochhauses in London kam, sah sich die Stadt zum Handeln gezwungen.

Tobias Krebber von der Abteilung für vorbeugenden Brandschutz der Stadt machte in der Verhandlung deutlich, dass sie unter unmittelbaren Eindruck der Bilder aus Großbritannien standen: „Die Dramatik aus London kannten wir nicht.“ Da hätten sie gesehen, „was eine brennbare Fassade bedeutet“.

Die Anwälte des Wohnungsunternehmens argumentierten, das Haus sei ja beim Bau in den 60er Jahren genehmigt worden, habe zudem Bestandsschutz gehabt. Die Vertreterin der Stadt wies aber nach, dass schon damals galt, dass Hochhausfassaden aus nicht-brennbarem Material sein müssen. Die Richterin gab der Stadt zudem Recht, dass bei Gefahr für Leib und Leben auch Bestandsschutz nicht gelte.

Auch Zweifel an der Brennbarkeit des Materials führten die Anwälte des Wohnungsunternehmens ins Feld. Ein Gutachten zeige, dass das Material „nicht entflammbar“ sei. Dazu sagte Tobias Krebber: „Das ist keine Norm in Deutschland.“ Auch die Richterin erklärte, Kunststoff sei als Kohlenstoff brennbar.

Sie ließ auch den Einwand nicht gelten, die Stadt habe unverhältnismäßig gehandelt, weil sie keine Alternativen zur Räumung genutzt habe - etwa, eine Brandwache aufzustellen oder bessere Brandmelder zu installieren. Die Stadt habe abgewogen, dass diese Maßnahmen im Falle eines Brandes nicht ausreichen.

Der nach der Räumung erteilte Bescheid der Stadt an das Wohnungsunternehmen, dass die Wohnungen nicht nutzbar seien, war aber insofern rechtswidrig, dass die Stadt dem Unternehmen keine Möglichkeit der Stellungnahme gegeben hat.

Die Bewohner durften einen Monat nach der Räumung zurück, nach das Unternehmen die Fassadenteile entfernt hat. Inzwischen ist die Fassade erneuert - nach Auskunft des Unternehmen mit einem „nicht brennbaren Wärmedämmverbundsystem“.

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