Unterhalt: Weniger Geld für Ehefrauen

Die Unsicherheit unter den Betroffenen ist groß. Durch die Änderung der Rangfolge drohen einige Frauen in Hartz IV abzurutschen.

<strong>Wuppertal. Das seit dem 1. Januar 2008 geltende Unterhaltsrecht sorgt für große Unsicherheit. Innerhalb weniger Tage haben sich für eine Infoveranstaltung des Elternverbandes Bergisch Land knapp 200 Eltern und Anwälte angemeldet. "Der Informationsbedarf ist groß", sagt Paul Bludau vom Elternverband. "Es melden sich vor allem viele Väter oder Ehemänner, die Unterhalt zahlen müssen. Ihre erste Frage ist, ob sie nun mehr zahlen müssen."

Beistandschaft verschickt Briefe an unterhaltspflichtige Eltern

Ähnliche Erfahrungen hat auch die Stadt gemacht, die sich im Rahmen der Beistandschaft um 4300 minderjährige Kinder kümmert. Dieser Tage verschickt die Abteilung Briefe an unterhaltspflichtige Elternteile, in denen sie um Auskünfte über deren finanzielle Situation bittet. Dabei wird auch die Möglichkeit der Kinderbetreuung und der Erwerbstätigkeit des Ehegatten abgefragt. Auf dieser Grundlage überprüft die Beistandschaft, ob der Ehegatte noch Anspruch auf Unterhalt hat. "Das Jugendamt beginnt mit der Prüfung, ob die Mindestunterhalts-Forderung tatsächlich erfüllt werden muss", sagt Hans-Jürgen Probst, Klagefachkraft bei der Beistandschaft. Im Klartext bedeutet das: Weil der Vater mit dem neuen Unterhaltsrecht mehr für die Kinder zahlen muss, kann es passieren, dass einige Frauen kürzer treten müssen. Hintergrund: Die wesentliche Änderung im Unterhaltsrecht besteht darin, dass Kinder im Gegensatz zu Ex-Partnern Vorrang haben. Bisher wurden die Ehegatten-Unterhaltsansprüche bei der Berechnung des Kindes-Unterhalts berücksichtigt, durch die geänderte Rangfolge werden sie in Zukunft nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Maße berücksichtigt.

"Die Änderung kann dazu führen, dass einige Ehefrauen dadurch auf Hartz IV angewiesen sein werden", sagt Probst. Obwohl grundsätzlich zu begrüßen, habe sich die neue Gesetzgebung zur Vermeidung von Kinderarmut "sehr zu Ungunsten des neuen Partners ausgewirkt".

Obwohl die Beistandschaft nicht mit der "Brechstange" vorgehen werde und es eine Übergangszeit gibt, erwartet er bei der Umsetzung - verständlicherweise - noch Schwierigkeiten: "Das ist ein heißes Eisen, der Widerstand ist programmiert. Das Problem ist, dass es vor allem Leute betrifft, die schon in ungünstigen Verhältnissen leben." Probst schätzt, dass rund zehn Prozent der Frauen in den aktuellen Beistandschaft-Fällen mit einer Kürzung rechnen müssen.

Eine geschiedene Mutter hat zwei Kinder von ihrem Ex-Mann und ist wieder neu verheiratet. Ihr Ex-Mann verdient 1200 Euro netto, ist ebenfalls neu verheiratet und hat mit seiner neuen Frau ein kleines Kind. Nach altem Unterhaltsrecht wurden alle Kinder und die neue Ehefrau gleichrangig mit Unterhalt bedacht.

Seit Januar 2008 bekommt die neue Ehefrau durch die neue Rangfolge nichts mehr, der Unterhalt wird je nach Alter zwischen den Kindern verteilt. "Damit ist die alte Familie besser gestellt als vorher und die neue Familie gehört zu den Verlierern", sagt Horn. In Zahlen: Dem Mann stehen 900 Euro zu, 300 Euro sind demnach zu verteilen. Früher hätten sich das Geld die neue Ehefrau und die Kinder geteilt, heute bekommen nur die Kinder das Geld.

Beistandschaft Hilfe für alleinlebender Elternteile bei Feststellung der Vaterschaft, Führung von gerichtlichen Vaterschaftsverfahren. Geltendmachung von Unterhalt bis zur Volljährigkeit. Gerichtliche Vertretung in Unterhaltsverfahren und Einziehung mit Pfändung.

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