Wuppertal Türkische Vereine werben für Nein zur Verfassungsreform

In den nächsten Wochen sollen Plakate, Flugzettel und Stände darüber aufklären, was in der Türkei geplant ist.

Jubel, Flaggen, ein Bild von Erdogan: In Wuppertal sehen nicht nur Yazgülü Zeybek und Arif Izgi (r.) die Situation kritisch. Archiv: dpa/Andreas Fischer (2)

Jubel, Flaggen, ein Bild von Erdogan: In Wuppertal sehen nicht nur Yazgülü Zeybek und Arif Izgi (r.) die Situation kritisch. Archiv: dpa/Andreas Fischer (2)

Das Datum des Referendums in der Türkei rückt näher. Überall ist von Erdogan-Anhängern zu hören, aber es gibt auch Menschen türkischer Herkunft, die gegen die geplante Verfassungsreform sind. In Wuppertal engagieren sich mehrere Vereine dafür, Menschen zu einem „Nein“ zur Verfassungsreform zu bewegen.

„Ich werde mit ,Nein’ stimmen“, kündigt Veysel Isik an, Vorsitzender des Kurdischen Kulturvereins. Denn im geplanten Präsidialsystem werde es keine Opposition mehr geben, „der Präsident könnte alles allein entscheiden“. Der Verein schon mehrfach demonstriert, zuletzt vergangenen Dienstag vor den City-Arkaden. Auch Flyer und Plakate hätten sie verteilt.

Auch der „Gegenseitige Hilfe-Verein“ hat Plakate und Handzettel produziert. „Die wollen wir in der Stadt und auf dem Basar an der Schwesterstraße verteilen“, erklärt Emsal Temel aus dem Vorstand des Vereins, den 1980 Zuwanderer aus der türkischen Stadt Cepni gründeten. „Auch über die Sozialen Medien werben wir dafür“, sagt Temel.

Er selbst kann als deutscher Staatsbürger nicht abstimmen — „leider“, sagt er. „Wir haben große Sorgen.“ Was in der Türkei geschehe, interessiere die Wuppertaler mit türkischen Wurzeln, denn dort lebten Verwandte, dort verbrächten sie ihre Urlaube. Durch die Verfassungsreform würden die Abgeordneten im Parlament Einfluss verlieren. Viele verstünden das nicht, deshalb wollen sie darüber aufklären.

Funda Öztürk von der Alevitischen Gemeinde ist ebenso entschieden: „Wir werden alles tun, um möglichst viele Nein-Stimmen zu erreichen.“ Es hätten sich mehrere Vereine zusammengetan, um gemeinsam aktiv zu werden. Dazu gehörten Infostände vor den City-Arkaden und beim Markt an der Schwesterstraße.

Zuletzt hätten sie eine Podiumsdiskussion mit der Bundestagsangeordneten Sevim Dagdelen (Linke) gehabt, nächste Woche komme ein türkischer Journalist. Es gibt auch Gesprächspartner, die sich nicht öffentlich äußern wollen. „Man muss vorsichtig sein“, sagt einer. „Die Menschen haben Angst, haben Verwandte in der Türkei“. Er weiß auch von einem Zusammenschluss mehrerer Vereine, verweist auf die „Hayir“-Kampagne (Nein-Kampagne) der sozialdemokratischen Partei CHP. Deren Flugblatt erklärt die geplante Reform: „Nur eine Person“ dürfe dann über alles entscheiden. Und warnt: „Ein Volk, das seine Zukunft in die Hände einer Person gibt, wird keine haben können.“

Auch diverse Politiker türkischer Abstammung beziehen Stellung: Gegen die Verfassungsreform spricht sich Yazgülü Zeybek, nachgerückte Stadtverordnete von den Grünen, aus. Sie kann als Deutsche nicht mitstimmen, ist aber gegen das geplante Präsidialsystem: „Die parlamentarische Kontrolle würde geschwächt.“ Im Vergleich zu anderen Ländern mit einer Präsidialverfassung wie Frankreich und den USA würden Kontrollmöglichkeiten fehlen. „Ich finde wichtig, dass das diskutiert wird.“

Die Stadtverordnete Dilek Engin (SPD) will mit Rücksicht auf ihre Position als Lehrerin nichts zu dem Thema sagen, ihr Kollege Servet Köksal (SPD) war am Mittwoch nicht erreichbar. Arif Izgi (SPD) stellt fest: „Das parlamentarische System würde entmachtet.“ Er wolle aber am parlamentarischem System festehalten. Nurhan Görgülü (SPD), Mitglied im Integrationsausschuss, kann ebenfalls als Deutsche nicht mitabstimmen, würde aber Nein sagen.: „Das ist wie in der Familie. Wenn nur einer etwas zu sagen hat, gibt es kein Gleichgewicht.“

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