Trickbetrug an der Haustür: Jetzt wehren sich Senioren

Die dreisten Maschen der Diebe – und wie man sich vor ihnen schützt.

Wuppertal. Wenn sie an die Betrüger vor ihrer Haustür denkt, ist Annemarie Müller (Name von der Redaktion geändert) noch immer aufgebracht. Rund 2.000 Euro hätten die beiden als Fassaden-Reiniger getarnten Täter beinahe ergaunert. "Ein solcher Schreck war das", sagt die 88-Jährige. "Dabei sahen die doch aus wie ganz normale Handwerker."

Annemarie Müller macht nicht den Eindruck eines hilflosen Opfers. Sie wirkt fit, freundlich-resolut und selbstständig. Aber die betagte Dame ist auch eine typische Vertreterin ihrer Generation: "Weil sie als hilfsbereit und gutgläubig gelten, sind Senioren bevorzugte Opfer von Trickbetrügern", sagt Kriminalhauptkommissar Thomas Kittler. "Diese Werte werden gezielt ausgenutzt." Und zwar dort, wo sich ältere Menschen eigentlich sicher fühlen - in den eigenen vier Wänden.

Haustür-Betrug funktioniere fast immer nach derselben Masche, so Kittler. "Ein Täter versucht, unter einem Vorwand in die Wohnung zu gelangen. Er fragt beispielsweise nach einem Glas Wasser oder ob er die Toilette benutzen darf." Dabei lenke er das Opfer ab, während ein zweiter Täter unbemerkt die Zimmer nach Geld und Wertsachen durchsuche.

Was passiert ist, werde den Betroffenen meist erst klar, wenn die Täter längst verschwunden sind, sagt Thomas Kittler. Der Experte aus dem Kommissariat Vorbeugung informiert regelmäßig über Schutz vor Diebstahl. Auch beim Senioren-Arbeitskreis der IG Bergbau, Chemie und Energie hatte er ein aufmerksames Publikum. "Sehr informativ", sagt Hans Overath. "Schon erstaunlich, wie dreist diese Täter sind."

Vorsicht sei angebracht - übermäßig ängstlich brauche aber niemand zu sein. Das bestätigt auch Thomas Kittler. "Seien Sie froh: Im Bergischen Land leben Sie an einem der sichersten Orte Deutschlands." Allerdings würden auch hier mehr als die Hälfte aller Taschendiebstähle an Senioren verübt - und ihre Wohnungen sind bevorzugte Ziele von Trickbetrügern.

Gern geben sich Diebe auch als Bedienstete der Stadtwerke oder der Polizei aus. "Das ist der sogenannte Wasserwerker-Trick", erläutert Kittler. "Dabei wird behauptet, eine defekte Leitung in der Wohnung müsse überprüft werden." In solchen Fällen sollte immer telefonisch nachgefragt werden. Und dann ist da noch der "Enkel-Trick". "Der kommt nicht aus der Mode", sagt Kittler: "Ein Anrufer meldet sich mit den Worten ,Hallo Oma’, gibt vor, in einer Notlage zu sein und verlangt Geld."

"Der Schaden beim Enkel-Trick beträgt durchschnittlich 17.000 Euro. Bei der Sparkasse ist man auf die Masche sensibilisiert", sagt Kittler. "Da wird nachgehakt."

Und die Senioren wehren sich: Kürzlich entlarvte ein 82-jähriger Mann einen Enkel-Trick-Betrüger durch gezielte Rückfragen. Und zwei Trickdiebe wurden selbst ausgetrickst - eine Frau (86) hatte die Polizei verständigt.

Annemarie Müller ist jetzt ebenfalls vorsichtiger. Dank guter Nachbarn und aufmerksamer Sparkassen-Mitarbeiter konnten die vermeintlichen Handwerker gestellt werden. "Aber ich hätte den Männern gar nicht erst öffnen dürfen. Das ist für Kriminalhauptkommissar Kittler der wichtigste Satz: "Niemals fremde Personen in die Wohnung lassen."

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