Annäherung Er gehört zu mir - Ein persönlicher Erfahrungsbericht über den Thermomix

Wuppertal · Vor rund vier Jahren traf unsere Autorin das erste Mal auf die Küchenmaschine von Vorwerk. Eine Geschichte von Ablehnung und Annäherung. Und was Heidi Klums Vater damit zu tun hat ...

Ein Thermomix kann das Leben ganz schön verändern.

Ein Thermomix kann das Leben ganz schön verändern.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Vor vier Jahren kam ich das erste Mal in Kontakt mit ihm. Ich war zu Besuch bei meiner Freundin Claudia. Sie hatte mir schon am Telefon von ihm vorgeschwärmt. Alles könne man mit ihm tun, er sei so pflegeleicht und einfach ein Alleskönner. Hach, ein Leben ohne ihn könne sie sich nicht mehr vorstellen. Als ich auflegte, war ich zuerst geschockt. Thermomix. Diesen Namen hatte ich vorher nur gehört, nun schien er langsam wirklich zu werden. Ist es also soweit, fragte ich mich, dass ich mit Freundinnen nun über Küchenmaschinen rede und nicht mehr über Männer? Ist das der erste Schritt auf dem Weg in den Abgrund? Was sollte folgen? Eine Tupper-Party bei lauwarmem Prosecco? Ich stand dem Thermomix äußerst misstrauisch gegenüber und dieses Telefonat hatte mich zudem missgünstig gestimmt. Dieses Gerät wird bestimmt nur überschätzt und garantiert nichts davon schmeckt. Ob sich das je ändern würde?

Gerät knetet, kocht, emulgiert und kann noch andere Dinge

Claudia hatte mich zum Essen eingeladen. Mehrere Gänge sollte es geben. Womit? Natürlich mit dem Thermomix. Da stand ich nun mit ihr in der Küche und vor uns, da stand diese Maschine. Recht unscheinbar sah sie aus. Das sagte ich auch Claudia, und die lachte nur. „Ja, ja, du kennst noch nicht seine Qualitäten. Glaub mir, der kann alles“, meinte sie und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Es gab ein Menü aus ihrem Thermomix-Kochbuch. Was genau, das weiß ich leider nicht mehr. Nur so viel: Es gab definitiv Fisch, Spinat und noch ganz viele andere Dinge. Ach ja, eine Suppe auch noch. Und Dessert.

Und alles machte diese Maschine. Sie mixte, sie mahlte, sie zerkleinerte. Sie vermischte, sie schlug, sie rührte. Sie knetete, sie kochte, sie garte. Und natürlich wog sie auch noch, kontrollierte und emulgierte. Dieses Ding war mir unheimlich. Am Ende des Abends war ich pappsatt und sprachlos. „Siehst Du, hab ich es dir doch gesagt“, sagte Claudia bei der Verabschiedung. Sie war stolz, und es schien, als spräche sie von einem Geliebten.

Seitdem kam ich immer mal wieder in den Genuss ihrer Kochkünste. Wobei man streng genommen sagen müsste, in den Genuss dieser kochenden Maschine. Und irgendwie, ja, irgendwie lernte ich sie im Laufe der Zeit zumindest zu akzeptieren. Schließlich hätte ich es auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können, mir vom Thermomix köstliche Mahlzeiten auftischen zu lassen und dann hinterrücks über ihn schlecht zu reden. Das gehörte sich nicht. Am Ende war ich es sogar, die Claudia vorschlug, ihrem Thermomix einen Namen zu geben. Doch das fand sie wiederum zu schräg. Ich glaube, ich hätte ihn Günther genannt.

Und ich muss zugeben, seit meiner ersten Begegnung mit ihm an jenem Abend vor vier Jahren, verfolge ich schon ein wenig die Erfolgsgeschichte dieses Gerätes in den Medien. Ich verrate es nur keinem, dass ich mal bei Facebook schaue oder auch mal bei Instagram, wo er 118 000 Follower hat. Seit Mai 2017 hat der Thermomix dort seinen Account, es werden Rezepte veröffentlicht, damit all die Günther in den Küchen weltweit nur ja nicht stillstehen. Geschickt vom Hersteller Vorwerk. Eigentlich bräuchte es nur noch, dass Heidi Klum für ihn Reklame macht (ihr Vater heißt Günther, würde ja irgendwie auch passen). In der Thermomix-Welt gibt es außerdem ein eigenes Rezept-Portal, eine App, ein eigenes Magazin, ein „Fit mit Thermomix“-Programm für Körperbewusste oder die, die es werden wollen, Kochbücher, Rezepte-Chips und „TIY“ - Thermomix it yourself. Angelehnt an „Do it yourself“ verbirgt sich dahinter ein Online-Portal mit Bastelideen oder Etikettenvorlagen.

Am Wochenende bin ich wieder bei Claudia eingeladen. Sie macht Waffeln, pardon, der Thermomix macht sie für uns. Ich steuere dazu einen frisch gepressten Saft hinzu. Seit kurzem besitze ich einen einfachen Entsafter. Ehrlich gesagt ein ziemlich schrottiges Plastikteil, aber es tut seinen Dienst. Der Thermomix kann natürlich auch entsaften. Das habe ich oben in der Aufzählung vergessen.

 Kürzlich fragte Claudia mich, ob ich mir mittlerweile auch vorstellen könnte, einen Thermomix zu haben. Ich zögerte. Könne sein, aber wohl eher nicht. Ganz ehrlich, allein der Preis schreckt mich ab - für rund 1200 Euro fliege ich lieber mit meinem Mann in den Urlaub. Bei Stiftung Warentest ist er nur auf Platz vier gelandet, und die Branche spricht sogar von einer Thermomix-Flaute, denn die Umsätze sinken stetig. 2017 gar um mehr als 12 Prozent.

Doch, wer weiß schon, was passiert. Vielleicht steht doch irgendwann einmal ein Thermomix in meiner Küche. Aber bis dahin werde ich es so halten wie immer: hantieren mit unscharfen Messern, arbeiten mit viel zu wenig Herdplatten, oft zu viel Salz ins Essen kippen und ein Chaos fabrizieren, dessen Aufräumarbeiten länger dauern als das eigentliche Kochen.

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