Terror-Prozess: Wuppertal und der Anschlag von Djerba

In Paris steht der zum Islam konvertierte Deutsche Christian G. als mutmaßlicher Terrorist vor Gericht. Der 42-Jährige lebte auch in Wuppertal. Ihm drohen 30 Jahre Haft.

Wuppertal. Es ist schon viele Jahre her, da wohnte Christian G. mal in Essen, mal in Mühlheim an der Ruhr, mal in Duisburg und im Herbst 2002 für ein paar Monate in einer Dachgeschosswohnung am vielbefahrenen Übergang von der Uellendahler Straße zur Gathe. Unauffällig war das Auftreten des mehrfachen Familienvaters und Schlossers damals. Dann warfen die Terror-Ermittlungen zum Anschlag von Djerba ihren Schatten auf "Ibrahim, den Deutschen" - so nannten ihn seine Glaubensbrüder.

Auf der beliebten tunesischen Ferieninsel starben im April 2002 21 Touristen, darunter 14 Deutsche und zwei Franzosen. Die Terrorgruppe El Kaida wurde für den Anschlag verantwortlich gemacht und damit auch Christian G. Für die Ermittler steht fest: Der 1986 zum Islam konvertierte Sohn polnischer Eltern war ein hochrangiges El Kaida-Mitglied, dass den Anschlag auf Djerba unterstützte, vielleicht sogar befahl.

Seit Januar muss sich Christian G. in Paris vor einem siebenköpfigen Schwurgericht verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft hält den Informatik- und Funk-Experten für schuldig. 30Jahre Haft forderten die Ankläger Anfang der Woche. Heute wird das Urteil erwartet.

Christian G. - er befindet sich seit mehr als fünf Jahren in französischer U-Haft - bestreitet jegliche Mitwisserschaft und jede Beteiligung an dem Verbrechen. Doch die Ankläger glauben klare Belege für die Beteiligung des Deutschen zu haben: In der Zeit vor den Anschlägen zahlreichen Reisen soll der heute 42-Jährige immer wieder nach Afghanistan gereist sein.

Dabei traf er neben Osama Bin Laden andere hochrangige El-Kaida-Mitglieder und den späteren Djerba-Selbstmord-Attentäter Nawar. Dieser Nawar soll G. kurz vor dem Anschlag "um göttlichen Segen" gebeten haben. Die Terror-Fahnder, die G. intern als "Kurier Bin Ladens" bezeichnet haben sollen, sehen darin das damalige Signal zum Losschlagen.

Zuletzt sorgte G. für Schlagzeilen, weil er kurz vor Beginn des Prozesses in Paris Bundeskanzlerin Angela Merkel aus Angst vor einem politischen Prozess um Hilfe für eine "faire Verhandlung" bat. In Deutschland konnte sich G. jedenfalls vergleichsweise sicher fühlen. Zwar legte die Bundesanwaltschaft vor Jahren einen Haftbefehl vor. Doch der Bundesgerichtshof lehnte ab - kein dringender Tatverdacht. Der deutsche Islamist wurde dann doch verhaftet - in Frankreich, ein Jahr nach dem Djerba-Anschlag.

Fünf Kinder soll "Ibrahim der Deutsche" mit seiner ebenfalls zum Islam konvertierten deutschen Frau haben. Wuppertal war wohl nur eine Durchgangsstation von vielen. Die Familie des Christian G.lebt angeblich wieder in Duisburg.

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