Bilanz Taxi, Kita, Schwebebahn: So war der Streiktag

Wuppertal. Die Stunde Null hat am Carl-Fuhlrott-Gymnasium geschlagen. Während um 7.30 Uhr die zahlreichen Bushaltestellen verwaist bleiben, rollt Auto um Auto auf den großen Platz vor der Schule.

Autofahrer mussten, wie hier auf der Katernberger Straße, Geduld zeigen.

Autofahrer mussten, wie hier auf der Katernberger Straße, Geduld zeigen.

„Mein Sohn fährt sonst mit dem Bus, aber heute ist alles anders. Wir hatten uns vorher schon gut organisiert und auf den Streik eingestellt“, sagt Argna Franz, bevor sie weiterfährt, um dem nächsten Elterntaxi Platz zu machen

. „Aus der Not heraus bin ich heute gefahren, damit mein Enkel pünktlich zur Schule kommt. Auf der Hahnerberger Straße war jedoch alles zu, wir mussten einen Riesenumweg machen“, berichtet Bärbel Dörken. Der zwölf Jahre alte Robin hat es eilig. „Ich bin ein bisschen zu spät aufgestanden“, sagt der Schüler und eilt ihn Richtung Eingang. „Sonst fahre ich eigentlich mit dem Bus, nur heute bin ich gebracht worden.“ Die 16-jährige Paulina kann sich dagegen Zeit lassen. Sie hat erst zur ersten Stunde Unterricht. „Ich bin ein bisschen früh, aber meine Eltern, die mich heute gebracht haben müssen zur Arbeit.“

Im Laufschritt verlässt Nihayet Yilderim die städtische Kita an der Carl-Schurz-Straße. Sie muss zur Arbeit. „Deshalb bin ich froh, dass es hier heute eine Notbetreuung gibt. Mein Mann und ich sind beide berufstätig und darauf angewiesen. Bei den Streiks im vergangenen Jahr haben wir genug mitgemacht.“

Sandra Krey ist ebenfalls erleichtert, dass sie ihren Sohn und ihre Tochter in der Kita abgeben kann. „Für mich wäre es sehr schwierig, eine Alternative zu organisieren. Beide sind in ihren Gruppen und ich denke, das ist für sie okay.“ Sie streichelt beiden noch einmal über den Kopf und macht sich dann auf den Weg zur Arbeit. Nur rund 20 von den sonst 112 Kindern sind heute gekommen. Einige haben sich schon um den Frühstückstisch versammelt, andere spielen etwas abseits mit dem Shuffleboard.

Gähnende Leere herrscht auf dem Parkplatz vor dem Gartenhallenbad. In der Tür steht ein rotes Schild, dass in dicken Lettern Streik verkündet. Für Hasan Kamalak bedeutet das besonders viel Arbeit. Der Taxifahrer hat am Ascheweg in Ronsdorf nur eine kurze Pause. „Wir haben 30 Prozent mehr Auslastung als sonst um diese Zeit. Das höre ich auch über Funk. Von mir aus könnten die Busfahrer häufiger streiken.“ Grimmige Gesichter begegnen ihm an diesem Morgen kaum. „Die meisten nehmen das mit Humor.“

Im Osten der Stadt scheinen die meisten Menschen auf den Streik gut vorbereitet gewesen zu sein. Eigentlich wäre in Nächstebreck Sperrmülltag, doch nur vor wenigen Häusern türmen sich ausrangierter Hausrat und blaue Säcke.

Einen guten Tag haben die Taxifahrer am Bahnhof Oberbarmen. „Von 6.30 bis 9.30 Uhr hatten wir viele Fahrgäste, die wir zur Arbeit bringen sollten“, berichtet Vartan Meskochian. Dass Leute am Bahnhof einsteigen, um sich zur Firma fahren zu lassen, komme sonst eher selten vor. Und noch etwas war anders: „Normalerweise bekommen wir unsere Fahrten über die Taxizentrale. Heute haben uns die Leute auf der Straße angehalten.“ Fast die Hälfte mehr Kunden konnte der selbstständige Taxifahrer verzeichnen.

Des einen Freud’ ist des anderen Leid: Während Vartan Meskochian sich über den Streik freut, ärgern sich diejenigen, die nun in Oberbarmen stranden, wo weder Schwebebahn noch Busse fahren. „Ich wusste nichts von dem Streik“, offenbart ein gestresster junger Mann. „Wie soll ich denn jetzt zur Arbeit kommen?“

Das Taxi kann er sich mit dem Bargeld in seinem Portemonnaie nicht leisten. Also: Auf zum Geldautomaten und zurück an den Taxenstand. „Geht wohl nicht anders“, stellt er sichtlich verärgert fest. Wütend ist auch eine ältere Dame mit Rollator, die vom Arzt nach Hause muss. „Es fährt ja nichts“, beklagt sie sich bei Vartan Meskochian. Der nickt teilnahmsvoll und hilft ihr beim Verstauen des Rollators.

Einen Gang über das Schwebebahngerüst absolvieren am Vormittag bei eisiger Kälte zwei Mitarbeiter der Wuppertaler Stadtwerke in grellen Warnwesten. Dass die Schwebebahn nicht fährt, nutzen sie dazu, im Bereich Oberbarmen das Gerüst von oben zu inspizieren.

Und der feierabendverkehr strapaziert gegen 18 Uhr noch einmal die Nerven: In Elberfeld geht es über die komplette B7 nur in Schrittegeschwindigkeit. Außerdem berichtet das Radio von einem Lastwagenfahrer, der sich im Kreisel am Mollenkotten festgefahren hat: Der Wagen blockiert zwei Ausfahrten.

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