Campus Wuppertal System für flexiblen Strom soll ausgeweitet werden

Das Uni-Projekt „Happy Power Hour“ geht in die dritte Runde. Die Partner hoffen auf eine weitere Förderung.

 Benedikt Dahlmann und Markus Zdrallek (r.) stellten die Happy Power Box vor.

Benedikt Dahlmann und Markus Zdrallek (r.) stellten die Happy Power Box vor.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Seit gut drei Jahren läuft unter dem Namen „Happy Power Hour“ das Uni-Projekt zur flexiblen Stromnutzung in der Industrie. Nach einer Machbarkeitsstudie und der Erprobung des Systems in der industriellen Praxis soll das Kernstück des Vorhabens - die „Happy Power Hour Box“ - nun auch verstärkt Gewerbetreibenden und Privatkunden mit höherem Stromverbrauch angeboten werden, sagt der Leiter des Lehrstuhls für elektrische Energieversorgungstechnik der Bergischen Uni, Professor Dr.-Ing. Markus Zdrallek. Derzeit laufe ein Förderantrag beim Land für diesen Schritt, man sei hoffnungsvoll, auch für diese Projektphase einen Förderzuschlag zu bekommen.
„Happy Power Hour“ setzt darauf, Preisschwankungen auf dem Strommarkt besser in die industriellen Prozessen zu integrieren und dabei verstärkt erneuerbare Energien zu nutzen. Die Idee ist, aufseiten der Industrie für mehr Flexibilität beim Stromverbrauch zu sorgen und von günstigeren Preisen an der Pariser Strombörse zu profitieren. Dazu hat Benedikt Dahlmann vom Lehrstuhl für elektrische Energieversorgungstechnik eine Art Schaltkasten - eben die „Happy Power Hour Box“ - entwickelt. Die Technik in dem Metallkasten erfasst den Stromverbrauch des Unternehmens und kann in Rücksprache mit einer Software, die über die Wuppertaler Stadtwerke läuft, für bestimmte Bereiche des Produktionsprozesses die optimalen - sprich kostengünstigsten - Zeiten ermitteln. Bis zu maximal „40 Prozent der Nettostromkosten“ könnten so eingespart werden.

Zdrallek räumt ein, dass natürlich nicht die großen und an feste Zeiten und Schichten gebundenen Industrieprozesse - wie etwa im Autobau - auf diese Weise gesteuert werden könnten, aber praktisch in jedem Unternehmen gebe es Bereiche, in denen das System zum Einsatz kommen könnte. So kann es etwa Sinn machen, bestimmte Prozesse, die zeitlich nicht fest an Produktionsabläufe gebunden sind, eher in jene Tages- oder Abend- und Nachtzeiten zu verschieben, in denen der Strompreis nicht so hoch wie etwa am Morgen oder Vormittag ist.

Gemeinsam mit den WSW und dem Unternehmen Net Systems GmbH wurden zehn Industrieunternehmen in NRW mit einer solchen Box ausgestattet.  Um im Vorfeld Betriebsbereiche mit Einsparpotenzial bei den Stromkosten zu ermitteln, hatte Dahlmann die Unternehmen besucht und mit einem Fragebogen auf Herz und Nieren geprüft. Dabei galt es auch, eine gewisse Zurückhaltung bei den Betrieben zu überwinden. „Die allermeisten Unternehmen sagten erst einmal: Wir brauchen das nicht!“, erinnert sich Zdrallek.

Betriebe nutzen den Strom genau
genau, wenn er günstig ist

Nach der Analyse durch Dahlmann konnten dann aber doch Bereiche aufgezeigt werden, in denen sich die flexible Stromnutzung durchaus rechnet. Bei den Hammerhersteller Picard war es im Bereich der Härterei und bei Stahlwille die Galvanisierung. Und bei EDE (Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler) wurden die elektrobetriebenen Gabelstapler zu Zeiten beladen, in denen der Strompreis niedriger war.

Für die Unternehmen ging es dabei nach Angaben von Dahlmann aber nicht nur darum, Stromkosten zu reduzieren, sondern auch „einen Beitrag zur Energiewende“ zu leisten. Das Potenzial der regenerativen Energiequellen ist schließlich groß: Allein die Kraft der Sonne sei enorm, sagt Prof. Zdrallek. Ein kompletter Sonnentag in Deutschland könne von der Leistung her „40 bis 50 Kernkraftwerke“ ersetzen. Und da regenerative Energie bislang nicht adäquat gespeichert werden kann, müsse es eben darum gehen, die erzeugte grüne Energie besser und flexibler zu nutzen.

Und hier möchte die Uni in Abstimmung mit der WSW nun enger an Gewerbetreibende und Privatverbraucher heranrücken. Dazu soll die „Happy Power Hour Box“ aber noch überarbeitet werden. „Wie kann man es simpler machen?“, stellt Zdrallek die entscheidende Frage. Das System müsse so gestaltet werden, dass es - ähnlich wie etwa eine Fritz-Box - auch in Privathaushalten leicht zu installieren sei. Zudem muss der Preis noch gesenkt werden - derzeit liegt er bei rund 1500 Euro. Um die „Happy Power Hour Box“ an den Markt zu bringen,  brauchen die Projektbeteiligten überdies einen Industriepartner. Man sei ja schließlich kein produzierendes Unternehmen, sondern immer noch vornehmlich als Forscher und Wissenschaftler tätig, betont Zdrallek.

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