Interview Ein offenes Ohr in der Nacht

Interview Zum Welttag der Suizidprävention erläutert Geschäftsführer Werner Mütherig die Arbeit des Krisendienstes „Wendepunkt“.

 Heiner Czyganowski ist Krankenpfleger und Berater bei Wendepunkt.

Heiner Czyganowski ist Krankenpfleger und Berater bei Wendepunkt.

Foto: Fries, Stefan (fri)

In Wuppertal könnte es nach Hochrechnungen der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention bis zu 400 Suizidversuche pro Jahr geben. Um Menschen in akuten psychischen Krisen auch nachts professionelle Hilfe anbieten zu können, gibt es in Wuppertal seit mehr als 20 Jahren den Wendepunkt: Damals gründeten die Bergische Diakonie, die Evangelische Stiftung Tannenhof, die Stadt Wuppertal, das Sozialpsychiatrische Zentrum und die Fachklinik Langenberg diesen Krisendienst, der einmalig in NRW ist. Die WZ sprach mit Geschäftsführer Werner Mütherig über diese Einrichtung.

Herr Mütherig, was ist der Wendepunkt?

Werner Mütherig: Das ist ein Beratungsangebot, bei dem Menschen in seelischer Not anrufen können. Das ist nicht auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, sondern jeder in einer Krise kann sich melden. Und zwar dann, wenn andere Einrichtungen geschlossen haben: Werktags von 18 Uhr bis 8 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen 24 Stunden.

Wer ist dann am Telefon?

Mütherig: Das sind überwiegend Mitarbeiter der Trägereinrichtungen. Sie arbeiten auf Honorarbasis zwei Schichten pro Monat für uns, insgesamt 80 Personen. Die meisten haben eine psychiatrische Zusatzausbildung, sind in der Pflege ausgebildet. Psychologen oder Sozialpädagogen. Sie arbeiten jeweils in Teams aus einem Mann und einer Frau.

Wer ruft beim Wendepunkt an?

Mütherig: Alle Altersgruppen, aber überwiegend Menschen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren und ältere Menschen.

Was haben sie für Probleme?

Mütherig: Die Hauptprobleme sind akute Angst- oder Erregungszustände, meist wegen Krisen in der Familie oder der Partnerschaft. Oder Depressionen bis hin zu Gedanken, sich selbst zu töten. Dann gibt es Einsamkeit, aber auch Sucht- und Drogenmissbrauch. Oft haben die Anrufer eine konkrete Frage oder ein Anliegen und im Gespräch merkt man dann, dass sie etwas bedrückt. Vielleicht weiß derjenige es gar nicht. Unsere Mitarbeiter sind geschult und können im Gespräch entsprechend darauf reagieren.

Wie kann der Wendepunkt helfen?

Mütherig: Wir bieten weitere persönliche Gespräche an, dann können die Anrufer zu uns in den Hofkamp 33 kommen. In besonderen Krisen fahren wir auch zu den Anrufern. Wir vermitteln aber auch weiter, an die Bergische Diakonie, den Tannenhof oder den sozialpsychologischen Dienst der Stadt, an Ärzte oder den Bezirkssozialdienst der Stadt.

Wie viele Menschen wenden sich an Sie?

Mütherig: Wir haben im Jahr 2800 bis 3000 Anrufe. Die Durchschnittsdauer der Anrufe beträgt 37 Minuten.

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