Bergische Universität Frische Ideen für Gewerbe in der Stadt

Studierende haben Konzepte zum Thema urbane Produktion präsentiert.

 Miriam Monique Marzog (Bergische Universität Wuppertal 71 Manufaktur) und Hamdi Jebnoun (Bergische Universität Wuppertal Werkstatt).  Foto: Anna Schwartz

Miriam Monique Marzog (Bergische Universität Wuppertal 71 Manufaktur) und Hamdi Jebnoun (Bergische Universität Wuppertal Werkstatt). Foto: Anna Schwartz

Foto: Schwartz, Anna (as)

Fingerfood an feinen Stehtischen in einer kahlen Halle: Solche Kontraste sagten schon einiges aus über die Uni-Präsentation in der Gewerbeschulstraße. Der Abschlusstag des Mastermoduls Immobilienmanagement zeigte Nutzungsideen für einen Leerstand - für diesen Tag mit Leben gefüllt, aber fürs Erste nur Studienobjekt.

Unter dem Titel „Gewerbe in der Stadt - Wandel im Bestand gestalten“ widmeten sich Studierende dem Quartier mit Fokus auf der Adresse, die heute auch der Präsentation diente. Vier Teams unter Professor Guido Spars entwickelten über ein Semester Konzepte für mögliche Nutzungen, und zwar nach Vorgabe der Branche „Urbane Produktion“. Wie Projektleiterin Monika Piegeler zu Beginn ausführte, ist dies noch keine etablierte Kategorie, bietet sich auch anderswo aber an: Rund die Hälfte der Gesamt-Produktionsfläche im Ruhrgebiet etwa finden sich demnach in Innenstadtlagen. Grund genug, auch hier im Bezirk Optionen dazu auszuloten.

Der Heidt, das Gebiet um die Gewerbeschule und die nach ihr benannte Straße, gehört schon zu Heckinghausen - einem Stadtteil, dem es zuweilen mindestens an Beachtung mangelt. Wer zur Präsentation kam, merkte aber auch, dass der Alte Markt kaum fünf Fußminuten entfernt liegt. „Die Anbindung ist gut“, stellte mit Blick auf den nahen Bahnhof Barmen Jerome Alvarez Alonso als Teil der Quartiersanalyse fest, „aber es gibt einige Barrieren.“ Dazu zählten der Verlauf von Bahnlinie wie auch Wupper mit der eingeschränkten Verbindung etwa zu den Barmer Anlagen. Als einschlägige Bevölkerungsgruppen hatten die Teilnehmer unter anderem ein „Leitmilieu“ ausgemacht, das Wert auf eine exklusive Innenstadtlage lege. „Und die hat der Heidt ja.“ Bedingungen also, die durchaus für die Ansiedlung von Unternehmen sprächen.

Präsentation: Fast so, als
könnte es morgen losgehen

Was dann an Konzepten vorgestellt wurde, existierte zwar nur auf dem Papier, war dafür aber schon hübsch aufbereitet: Die Teams zeigten ihre Ideen fast so, als könne morgen mit der Produktion begonnen werden, Logos und Leitsätze inklusive. So „71 Manufaktur - Leben und arbeiten“ von Ela Kodvanj, Miriam Marzog und Abdias Giner Dols: Dahinter verbarg sich ein Komplex mit Wohnraum in sogenannten „Clustern“; produziert werden sollte in diesem Entwurf Süßes für eine „Chocolaterie“, das vor Ort konsumiert oder auch verkauft werden könnte. Überhaupt ging es vielfach um Kombinationen: Im Konzept „ Textur“ von Frederieke Simon, Emir Bogucanin und Monira Keshk würde gleichfalls gewohnt wie auch gearbeitet. Direkten Bezug nahm man hier auf Wuppertals Geschichte als alte Textilstadt und empfahl Upcycling und anderes rund um nachhaltige Bekleidung.

Und schon zu Beginn hatte „Future Food Lab“ moderne Ernährung in den Blick gefasst: Dass bewusstes Essen im Trend liegt, betonten Nadine Uiberall, Christin Künstler und Laura Pulci und untermauerten das per an die Wand gestrahlten Statistiken. Sehr praktisch einen Eindruck gewinnen konnten Besucher von diesem Konzept heute im Verpflegungsbereich: Hier lagen für Mutige Snacks aus Grillen und Würmern bereit.

Das vierte Konzept mochte nicht zuletzt typisch sein für das Verhältnis, in dem Studienergebnisse wie diese zur Realität stehen. Unter dem Namen „WerkStadt“ nahmen Jerome Alvarez Alonso, Hamdi Jebhoun und Annika Tasche einen „Produktionsstoff“ in den Blick, der zunächst den Stadtteil eher zweifelhaft kennzeichnen mochte: „An jeder Ecke ist hier Sperrmüll.“ Was manchem als Ärgernis scheint, mag auch zur Verarbeitung taugen, so die realistische Grundidee. Hier sollte auch Ausbildung Teil des Programms sein: Benachteiligte im Quartier könnten hier demnach Kenntnisse erwerben für eine spätere Arbeit vor Ort. Freilich gab das Team zu: „Vielleicht gibt es dann irgendwann keinen Sperrmüll mehr.“ Wieweit solch eine Aneignung vom Ordnungsamt gern gesehen würde, kam kaum zur Sprache. Als erste Sondierung zu Potenzialen eines Quartiers schien der Tag erfrischend. Nicht zuletzt im wörtlichen Sinn: Recht durchgefroren verließen Besucher die Vorstellung am Ende. Sollte eines der Konzepte einst Realität werden, wären gute Heizungen vermutlich die erste Investition.

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