Soziales Streetworker kommen schwerer in Kontakt mit Obdachlosen

Wuppertal · Sozialarbeiter Klaus Krampitz erzählt, wie sich seine Arbeit mit wohnungslosen Menschen in der Corona-Krise verändert hat.

 Ohne Gruppenangebote und mit Abstand ist es schwerer, mit der Zielgruppe ins Gespräch zu kommen.

Ohne Gruppenangebote und mit Abstand ist es schwerer, mit der Zielgruppe ins Gespräch zu kommen.

Foto: dpa/Paul Zinken

Das Interview führte
Nikola Dünow

Wie hat sich ihre Arbeit durch Corona verändert?

Klaus Krampitz: Es ist schwerer, an unsere Leute heranzukommen. Auch, wenn wir uns mittlerweile etwas mit der Situation arrangiert haben. Straßensozialarbeit ist vor allem Beziehungspflege nach dem Motto „Wenn Du ein Problem hast, sind wir da“. Wir müssen natürlich auch Abstand halten und dadurch ist es ist für uns noch schwieriger also sonst in Kontakt zu treten. Wir arbeiten momentan mehr beobachtend als sonst. Es gibt ja aktuell auch keine Gruppenangebote oder gemeinsames Essen, wo man ins Gespräch kommt. Ein Problem ist es für uns auch, dass unsere Klienten die Infektionsgefahr gar nicht so sehen. Viele von ihnen haben Drogen-Erkrankungen wie Hepatitis oder HIV, die stehen für sie im Vordergrund - und nicht die Gefährdung durch Corona. Unsere Beratungsgespräche finden bisher ausschließlich im Garten oder auf dem Vorplatz statt. Ab Juli wollen wir dann vorsichtig und mit Abstand wieder drinnen beraten.

Wie ist die Situation in der Tagesstätte Café Ludwig?

Krampitz: Auch dort müssen wir die Kontakte reduzieren. Momentan bieten wir nur heiße Getränke und Wasser an – und kein Essen. Es dürfen nur maximal sechs Leute ins Cafe kommen, von denen wir auch wirklich wissen, dass sie obdachlos sind. Da wir der einzige Tagesaufenthalt sind, ist das natürlich ziemlich wenig. Duschen und Wäschewaschen ist zum Glück bei uns wieder möglich – aber natürlich nur für eine sehr eingeschränkte Personenzahl.

Und wie sieht es in den Notschlafstellen aus?

Krampitz: Zum Glück war bei Corona das Wetter auf unserer Seite. Um die Situation an der Notschlafstelle an der Friedrich Ebert Straße zu entzerren, wurden einige Menschen in der Hermannstraße untergebracht. Im Hopster-Fiala-Haus konnten wir die Notbetten auf den Fluren wegen der Abstandsregel nicht mehr nutzen. Das ist problematisch, weil dort eigentlich immer jemand untergebracht ist. Aber auch hier hat die Stadt unkompliziert unterstützt und die Frauen in der Hermannstraße untergebracht.

In der Diakoniekirche wurde die Essensausgabe erweitert. Ist der Zulauf groß?

Krampitz: Anfangs lief es etwas schleppend. Aber mittlerweile kommen 100 bis 120 Personen täglich zur Lebensmittelausgabe. Natürlich sind nicht alle von ihnen wohnungslos. Der Bedarf an Unterstützung ist insgesamt groß. Genau wie bei uns werden auch an der Diakoniekirche momentan keine warmen Mahlzeiten ausgegeben. Das ist für unsere Leute sehr schwierig, weil sie nirgendwo einen Platz finden, wo sie sich in Ruhe zum Essen hinsetzen können.

Wie ist die grundsätzliche Einstellung der Wuppertalern den Obdachlosen gegenüber? Werden sie eher gemieden als sonst?

Krampitz: Nein. Es gibt eine große Solidarität. Mein Eindruck ist, dass die Menschen unter Corona eher großzügiger geworden sind. Auch die uns anvertrauten Menschen berichten von vielen Spenden. Es sind ja auch Lebensmittel verteilt und Gabenzäune eingerichtet worden. Die Wohnungslosen erzählen auch, dass man ihnen offenherziger begegnet.

Gilt das eigentlich auch für die Leistungen des Jobcenters?

Krampitz: Auch das Jobcenter bewilligt aktuell die Leistungen großzügiger, auch Osteuropäer wie zum Beispiel polnische Migranten, die eigentlich keine Zahlungen bekommen, werden unterstützt.

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