Wird die Johanneskirche ein Weltkulturerbe?

Nach dem 2. Weltkrieg errichtete Architekt Otto Bartning deutschlandweit 43 Notkirchen — die sollen auf die Unesco-Liste.

Südstadt. Mit einem echten Weltkulturerbe kann Wuppertal noch nicht aufwarten. Zwar kämpfen Unterstützer derzeit um den Eintrag der Müngstener Brücke in die berühmte Liste der Unesco — doch das Bauwerk liegt bekanntlich nicht auf Wuppertaler Stadtgebiet. Ebnet stattdessen die Evangelische Johanneskirche in der Südstadt der Stadt die Chance, in den illustren Kreis um Akropolis, Chinesischer Mauer und Freiheitsstatue aufgenommen zu werden? Der Hamburger Kunsthistoriker Jochen Schröder und die Berliner Otto-Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau (OBAK) arbeiten derzeit daran, einen Antrag auf Aufnahme der bundesweit 41 erhaltenen Bartning-Notkirchen — zu denen auch die Johanneskirche am Friedenshain gehört — auf den Weg zu bringen.

Die Kirchen sollen als Gruppe Eingang in die Liste finden, betont Schröder, „als Beispiele für Nachkriegsdenkmäler“. Nicht allein die Architektur sei besonders, sondern die Art der Entstehung. Die Notkirchen seien ein echtes internationales Projekt gewesen, um den Menschen im zerstörten Deutschland wieder Gotteshäuser zu geben. Zudem arbeiteten die Alliierten — inklusive der Sowjetunion — gemeinsam an der Umsetzung. „Das gab es damals nicht oft“, hebt Schröder hervor.

Das benötigte Holz wurde damals gespendet. „Bartning war es aber wichtig, dass auch die Gemeinden sich beteiligen“, erklärt Schröder. Der Bau erfolgte so in Eigenregie, oftmals wurde — wie in Wuppertal — auf Trümmersteine zurückgegriffen. Zwischen 1946 und 1951 entstanden so 43 Kirchen, gut ein Viertel von ihnen in der sowjetisch besetzten Zone. Spatenstich in der Südstadt war am 12. August 1948, die Grundsteinlegung erfolgte einen Monat später. Gemeindemitglieder und Studenten der Kirchlichen Hochschule arbeiteten damals am Mauerwerk.

Auch wenn die Grundidee die gleiche sei, gebe es bei den Notkirchen doch Unterschiede, so Schröder. „Bartning hat sie als ,Geschwister’ bezeichnet.“ Die Idee, eine Aufnahme in die Unesco-Liste voranzutreiben, gibt es schon länger. Anfang 2012 verschickte Schröder Schreiben an die beteiligten Gemeinden. Während er aus Bochum bereits ein paar Wochen später eine Liste mit rund 250 Unterschriften zurück bekam, zeigten andere Gemeinden kaum Interesse. Anders in der Südstadt: „Für uns klingt das sinnvoll“, sagt Pfarrer Gerson Monhof, der nun ebenfalls Unterschriften sammelt.

Zunächst unabhängig von dem Hamburger hatte auch die OBAK einen ähnlichen Vorstoß gestartet. „Wir beziehen aber auch die Notkirchen des Nachfolgeprogramms mit ein“, erklärt Immo Wittig aus dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft.

Bartning habe mit den Notkirchen damals ein neues Leitbild begründet. „Er wollte nicht so tun, als sei nichts gewesen, was die Rolle der Kirche im Nationalsozialismus angeht. Aber durch die Architektur auch den Blick nach vorn richten“, sagt Wittig.

Der Wuppertaler Architekt Peter Trabitzsch, der Mitarbeiter Bartnings und am Bau der Johanneskirche beteiligt war, sieht die Initiative positiv. Dank Bartning habe damals ein moralisches Umdenken stattgefunden, nicht umsonst habe der Weltkirchenrat das Projekt unterstützt.

Eine Prognose, wie die Chancen für die Aufnahme in die Liste stehen, wagt Jochen Schröder nicht. Auch mit der Unesco habe er noch nicht Kontakt aufgenommen. Mindestens fünf, sechs Jahre dauere es aber sicher, bis so ein Antrag durch sei.

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