Vinyls, so weit das Auge reicht

Mit Cargo Records gibt es im Stadtteil eine große Anlaufstelle für Vinylfans. Das Team vertritt die Interessen von 150 Plattenfirmen.

Vinyls, so weit das Auge reicht
Foto: Stefan Fries

Vohwinkel. Es ist ein Paradies für Vinylfans. Bei Cargo Records an der Vohwinkeler Kaiserstraße gibt es eine riesige Auswahl der kultigen Tonträger. Was allerdings aussieht wie ein kleiner, aber feiner Plattenladen ist nur die Präsentationsfläche für das Musikrepertoire des eigentlichen Unternehmens. Cargo Records ist ein weltweit agierender Musikvertrieb mit CD, DVD, Blu-Ray und digitalen Musikveröffentlichungen als Download oder Stream. Das Herz des Gründers und Inhabers Michael Schuster und seinem 36-köpfigen Team schlägt aber für die Vinylschallplatte. Cargo Records hielt ihr bereits vor dem aktuellen Boom die Treue und brachten vor zehn Jahren Veröffentlichungen von internationalen Bands wie den Beatsteaks und AC/DC in den Handel.

2016 stellte Cargo Records allein 250 000 Schallplatten her. Das komplette Vinyl-Vertriebsrepertoire ist laut Unternehmen das größte in Deutschland. Es umfasst unter anderem Veröffentlichungen des Seattler Labels Sub Pop, das mit der Band Nirvana bekannt wurde. Außerdem ist das markante Gebäude mit den großen Fensterfronten eine Keimzelle für neue Ideen. 2009 brachte Cargo den Record Store Day aus den USA nach Deutschland. Was damals mit 30 Veröffentlichungen begann, hat sich über die vergangenen zehn Jahre zu einem wichtigen Tag für Vinylfreunde und Plattenläden entwickelt.

„Aktionen wie der Record Store Day tragen dazu bei, dass Musik als etwas Besonderes wahrgenommen und der Plattenladen an sich geschätzt wird“, sagt Michael Schuster. Der Geschäftsführer des Unternehmens freut sich darüber, dass Vinyl auch bei jungen Menschen wieder angesagt ist. „Wenn jemand bereit ist, 20 bis 25 Euro für eine Platte auszugeben, obwohl er mit einem Streaming-Abo für acht Euro im Monat Zugriff auf einen gesamten Musikkatalog haben kann, verdient das Respekt“, erklärt Schuster.

Wobei kostenpflichtiges Streaming sich für ihn durchaus mit der Begeisterung für Platten verbinden lässt. „Die Leute wollen wegen des relativ hohen Preises ja wissen, was sie kaufen und informieren sich vorher über diese Plattformen“, sagt Michael Schuster. Das sei völlig legitim. Die Faszination liege ja nicht nur bei der Musik, deren Qualität in Form einer klassischen Schallplatte von vielen Fans beschworen wird. Aufwändige Covergestaltung, Songtexte und besonders alternative Vinylfarben feuern die Sammelleidenschaft an. Durch den Boom kommen allerdings auch Vinylveröffentlichungen in den Handel, die wie Blei in den Regalen liegen. „Dass ein Album von Helene Fischer nicht unbedingt so viele Abnehmer findet wie ein starkes Album vom Independent-Künstler Justin Vernon alias Bon Iver liegt auf der Hand“, sagt Michael Schuster.

Höhepunkt seiner Leidenschaft für Vinyl war für ihn die Entwicklung eines firmeneigenen Plattenspielers. Das Liebhaberstück verfügt über einen transparenten Plattenteller aus Acrylglas, der die Farbe des aufgelegten Vinyls annimmt. Im Katalog von Cargo Records finden sich viele Bands aus dem Indie-Bereich, deren Stärke im Gegensatz zum Popbereich der großen Plattenfirmen besonders auch im physischen Tonträger liegt. So hatte Cargo Records Verkaufserfolge mit Bands wie The Gaslight Anthem und Flogging Molly. Allein von der US-amerikanischen Band The Shins hat Cargo Records in Europa mehr als 70 000 Tonträger verkauft. „Teilweise haben wir 50 Neuheiten pro Woche“, berichtet Michael Schuster. Trotz der positiven Entwicklung im Plattenbereich sieht er die Entwicklungen im Musikmarkt insgesamt auch kritisch. „Das Hörverhalten hat sich in diesem Jahrtausend extrem verändert“, lautet seine Meinung. Viele Konsumenten würden ihren Bedarf allein bei Youtube und anderen Plattformen zum Nulltarif decken. „Die sind für die Musikindustrie schwer zu erreichen“, glaubt Schuster. Für den Künstler sei die zuletzt getroffene Vergütungsregelung zwischen YouTube und GEMA nicht umfangreich genug. „Für 100 000 Klicks gibt es gerade mal den Wert eines Abendessens.“

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