Start des General-Anzeigers — Vohwinkel früh mit eigener Filiale

Heinrich Fermor übernahm im Gründungsjahr des General-Anzeigers den Vertrieb in Vohwinkel.

Start des General-Anzeigers — Vohwinkel früh mit eigener Filiale
Foto: Stefan Fries

Auch für den Stadtteil war es ein wichtiger Einschnitt. Als der Generalanzeiger 1887 in Druck ging, gab es dort von Anfang an eine interessierte Leserschaft. Im Kern richtete sich die Zeitung auf Elberfeld und Barmen aus, doch auch die Vohwinkeler schätzten die Lektüre. Schon im Gründungsjahr übernahm Heinrich Fermor zunächst an der Bahnstraße den Vertrieb. Später zog er an die Brucher Straße 6, wo Anfang des vergangenen Jahrhunderts ein Foto entstand.

Selbstbewusst posiert Fermor darauf mit seiner Familie vor der Vohwinkeler Filiale. Neben ihm lehnt sich seine Tochter Martha aus dem Fenster. Im Hintergrund steht der Vater vor dem Eingang. Unübersehbar prangt der Schriftzug des General-Anzeigers an der Hauswand und weist auf die stolze Zahl von damals 65 000 Abonnenten hin. Auch die historische Aufnahme macht die Bedeutung der Zeitung deutlich. Eine genaue Datierung gibt es nicht, aber auf dem Foto ist im Hintergrund das 1904 eingeweihte Lyzeum der Frauenoberschule zu sehen. Es muss daher später gemacht worden sein.

Start des General-Anzeigers — Vohwinkel früh mit eigener Filiale
Foto: Sammlung Momberger

Spannend ist ein genauer Vergleich mit der heutigen Häuserzeile. Dabei stellt sich heraus, dass das Gebäude in leicht veränderter Bauweise immer noch steht. „Es wurde mit anderen Häusern verbunden und die Lyzeumsstraße entstand auf dem Abstandsgelände in Richtung Schule“, erläutert Hans-Jürgen Momberger. Der Kenner der Lokalhistorie war eigentlich davon ausgegangen, dass die ehemalige Generalanzeiger-Filiale längst abgerissen wurde. „Das ist wirklich verblüffend“, sagt Momberger über die neuen Erkenntnisse.

Eine Überraschung ist die prominente Verwendung des Gebäudes auch für die heutige Besitzerin Helga Kümpel. „Ich wusste davon bisher nichts“, sagt die Vohwinkelerin. Sie hat noch Pläne, aus denen hervorgeht, dass der erste Anbau mit Garagen in den 50er-Jahren erfolgte. 1962 wurde auf der rechten Seite ein Wohnhaus angeschlossen. Über den emsigen Vertriebsleiter aus Vohwinkel selbst ist heute wenig bekannt. „Es muss sich aber um eine wichtige Persönlichkeit gehandelt haben“, sagt Hans-Jürgen Momberger.

Hans-Jürgen Momberger

Er verweist auf Vohwinkel als aufstrebende Landgemeinde am Ende des 19. Jahrhunderts. Durch die Bedeutung als Eisenbahnknotenpunkt und die Ansiedlung von zahlreichen Industriebetrieben stieg die Bevölkerungszahl immer weiter an. 1921 gab es das Stadtrecht. „Zur positiven Entwicklung gehörte natürlich auch eine große Zeitung“, erklärt Momberger. Heinrich Fermor übernahm daher eine verantwortungsvolle Aufgabe. Viele Vohwinkeler Geschäftsleute, Hoteliers und Gaststättenbetreiber inserierten bei ihm. Dabei wurde für die unterschiedlichsten Produkte geworben.

Die Autorin Ursula Hüsgen hat in ihrem Buch „Vohwinkel, schon immer eine gute Adresse“ alte Anzeigen aus der Zeit von 1893 bis 1929 zusammengetragen. Auch einiges aus dem General-Anzeiger ist dabei. „Da gibt es interessante Sachen“, erzählt sie. So wurden die Leser etwa auf den Besuch eines Kammerjägers in Vohwinkel hingewiesen. Bettwanzen hatten da keine Chance. Wer um die Jahrhundertwende herum an Magenschmerzen litt, stieß in der Zeitung auf das Angebot einer Drogerie aus dem Stadtteil. Diese warb mit einem Doppelkorn, der das Leiden fix kurieren sollte.

Mit der Schlagzeile „Auf nach Vohwinkel“ wurde 1921 für eine Kirmes geworben. Diese musste allerdings aufgrund eines Stromausfalls wiederholt werden. Die Vohwinkeler hatten jedenfalls allen Grund selbstbewusst zu sein. 1908 wurde der noch heute genutzte Bahnhof gebaut. Mehr als 400 Züge pro Tag passierten zu Kaisers Zeiten Vohwinkel. Neben dem Lyzeum für die Mädchen entstand ein Jungengymnasium an der Mackensenstraße. Auch das Bankenwesen florierte. Das Bankhaus von der Heydt-Kersten und Söhne baute Ende des 19. Jahrhunderts am Kaiserplatz ein repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus. Es nahm 1899 als erstes Bankhaus in Vohwinkel seine Geschäfte auf.

Schnell vom Tisch waren auch die Pläne, die 1901 in Betrieb genommene Schwebebahn zeitweise nur bis zum Zoo fahren zu lassen. Zu groß war die Nachfrage der Fahrgäste in Richtung der westlichen Endhaltestelle. Auch der Vertriebsstandort des Generalanzeigers in Vohwinkel wurde vergrößert. 1925 zog er an die Königsstraße 5 (heutige Kaiserstraße). Vier Jahre später siedelte sie sich einige Häuser weiter an der Königsstraße 11 an. Tochter Martha Mahncke übernahm die Geschäfte.

“ Das Buch „Vohwinkel, schon immer eine gute Adresse“ von Ursula Hüsgen ist 2004 im Born-Verlag Wuppertal erschienen. Es kostet 24,80 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort