Schulhistorische Sammlung: Lernen mit Merksätzen und resoluter Strenge

Rolf Platte gibt an der Rottscheidter Straße einen Einblick ins Schülerleben um die Jahrhundertwende — in Originalkulisse.

Schulhistorische Sammlung: Lernen mit Merksätzen und resoluter Strenge
Foto: Uwe Schinkel

Vohwinkel. Es waren raue Sitten, die zu Kaisers Zeiten im Klassenzimmer herrschten. Die damalige Pädagogik setzte auf absoluten Gehorsam und schmerzhafte Strafen. Wer nicht parierte, bekam den Rohrstock zu spüren. Allerdings gab es auch durchaus weniger brutale Wege zum Lernerfolg.

Bei den Merksätzen machte den alten Paukern etwa niemand etwas vor. Sprüche wie „rauf runter rauf, Pünktchen drauf“ oder „oben auf und unten zu, so schreibt man das kleine u“ haben sich in das Gedächtnis von ganzen Schülergenerationen eingebrannt — und sind teilweise bis heute in Gebrauch.

Wie das Pennälerleben in Urgroßvaters Tagen ablief, können Besucher in der Schulhistorischen Sammlung an der Rottscheidter Straße noch heute erleben. Vor originalgetreuer Kulisse nehmen sie an einer ganz besondern Unterrichtsstunde teil.

Leiter Rolf Platte geht dabei ganz in seiner Rolle als Lehrer des vorletzten Jahrhunderts auf. Dazu gehören natürlich ein echter Gehrock und der als Vatermörder bezeichnete Stehkragen. „Ich möchte den Besuchern einen anschaulichen Eindruck davon vermitteln, wie es damals war und sie aktiv in das Geschehen einbinden“, erklärt Platte das Konzept. Da wird auch mal zum Klassendienst oder zum Tafelputzen eingeteilt.

Körperliche Züchtigung muss beim Besuch der Sammlung natürlich niemand befürchten. Aber das resolute Auftreten des Museumsleiters verfehlt selten seine Wirkung. Schließlich war Platte in seiner aktiven Dienstzeit selbst Schulrat. Da werden die von ihm mitgebrachten Matrosenkragen oder Schürzen meist ohne Murren angelegt.

Rolf Platte

Zur Belohnung gibt es dann etliche Anekdoten aus dem früheren Schulalltag. So wurden Schreibfehler mit dem Kuhzahn ausgebügelt und wegen der staubigen Luft fehlte in keiner Klasse der Spucknapf.

Genau 30 Jahre gibt es die Schulhistorische Sammlung in Vohwinkel bereits und etliche tausend Besucher haben dort schon die Schulbank gedrückt. „Wir haben ganz unterschiedliche Gruppen aller Altersstufen und das Interesse ist in der Regel sehr groß“, berichtet Rolf Platte.

Gegründet hat er die Sammlung eigentlich als reines Archiv. Auslöser war ein altes Schuldokument, das der historisch interessierte Pädagoge nachlässig gelocht und damit beschädigt vorfand. Daraufhin entschloss er sich, selbst tätig zu werden und die schulische Vergangenheit Wuppertals zu bewahren.

Schnell wuchs die Sammlung, die seit knapp zwei Jahrzehnten im charakteristischen Backsteingebäude an der Rottscheidter Straße untergebracht ist. „Schließlich entstand die Idee, dass man in dieser authentischen Umgebung sehr anschaulich Unterrichtsstunden wie in der alten Zeit durchführen könnte“, erzählt Platte. Dieses Konzept kommt bis heute gut an.

Rolf Platte würde sich über eine Nachfolgeregelung oder zumindest personelle Unterstützung freuen. Außerdem wünscht sich der 74-jährige Ehrenamtler eine langfristige Perspektive für das Gebäude an der Rottscheidter Straße. Vorerst will Platte aber weitermachen.

Seit 1998 ist die Schulhistorische Sammlung an der Rottscheidter Straße 6 in Vohwinkel untergebracht. Sie kann nur nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden. Kontakt gibt es telefonischen unter 77 21 73 (Rolf Platte). Der Preis für eine Gruppe beträgt 30 Euro. Grundschulen können sich an Klaus Jankowski wenden, Telefon 30 74 24.

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