Schreck-Sekunden unter Tage

Auf der Kanal-Großbaustelle an der Ludwig-Richter-Straße wurde gestern gezeigt, wie im Ernstfall verunglückte Arbeiter aus der Tiefe geborgen werden.

Vohwinkel. Es ist ein Wettlauf gegen die Sekunden: Tief unten, in der Baugrube nahe der Ludwig-Richter-Straße, liegt ein Arbeiter - bewusstlos, in einem der Kanalrohre. Über der Grube blinkt eine Alarmlampe, von der aus ein langes Kabel in die Tiefe reicht. Den Mann zurück ans Tageslicht zu bringen und abzutransportieren, ist alles andere als einfach.

Wie das vonstatten geht, zeigt sich bei einer Notfallübung in Vohwinkel, der genau dieses Szenario zugrunde liegt. "Im Ernstfall kommt es auf jede einzelne Sekunde an", sagt Ralf Diez, rückt seinen Schutzhelm zurecht und blickt in die Tiefe. "Dann darf nichts schiefgehen."

Diez ist Geschäftsführer einer Firma, die auf Rohrvortrieb spezialisiert ist und als Nachunternehmen der Firma Wittfeld derzeit einen großen Auftrag der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) erledigt: Im Bereich der Ludwig-Richter- Straße wird unter Tage an einem Neubau der Regenkanalisation gearbeitet - unter anderem, um den Krutscheider Bach zu entlasten und die benachbarten Firmen und Felder in Zukunft vor Regenhochwasser zu schützen (siehe Kasten rechts).

So segensreich ein unterirdischer Rohrvortrieb aus technischer Sicht auch ist - so risikoreich wird es, wenn es um einen Rettungseinsatz in der Tiefe geht, immer in enger Abstimmung mit der Feuerwehr, wie Diez betont: Erst wenn der Notarzt vor Ort grünes Licht gibt, darf der Bewusstlose überhaupt erst aus der Baugrube geborgen werden.

Zum Einsatz kommt dabei eine Korbtrage aus Kunststoff, die vom Kran aus bis an den Rand des Rohrs herabgelassen wird und die passgenau auf den Rettungswagen zugeschnitten ist - damit der Verletzte nicht unnötig bewegt werden muss. "Das größte Problem liegt nach wie vor aber darin, die zu bergende Person innerhalb des Rohrstrangs nach draußen zu transportieren", fügt Diez hinzu, als die Trage unter Tage in den Kanal zur Unglücksstelle gezogen wird.

Eine wertvolle Hilfe bieten Metallschienen, die durchlaufend an die Oberseite der Rohre geschraubt werden und in die - etwa bei einem Notfall - ein kleiner Transportschlitten geklinkt wird: An den Schlitten lässt sich die Korbtrage ebenso hängen wie Baumaterial oder auch Wartungswerkzeug für Einsätze im Kanal. Bis zu 1000 Kilogramm schwere Lasten können so durch das Kanalsystem geschoben oder gezogen werden, ohne dass es ein Platz- oder Kraftproblem gibt.

Entsprechend groß ist bei der Notfall-Demonstration am Hako-Gelände das Interesse der Stadtwerke-Mitarbeiter: Mit dem Kanalbetrieb sollen nun Einsatzmöglichkeiten solcher Schienen im Stadtgebiet erörtert werden.

Im Vordergrund steht an diesem verregneten Vormittag allerdings, dass der hölzerne Personen-Dummy möglichst sanft zunächst den Rohrstrang und schließlich auch die Baugrube verlässt. Wenig später ist der Einsatz unter Tage beendet - und der Dummy in Sicherheit.

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