Das Schicksal eines Aborigine-Mädchens

Sussy Dakaro starb 1885 in Wuppertal. Zuvor war die Frau wie ein Tier ausgestellt worden — ein Schicksal, dass viele Sonnborner bewegte.

Das Schicksal eines Aborigine-Mädchens
Foto: Stefan Fries

Viel weiter weg von zu Hause kann man kaum begraben werden. Sussy Dakaro (nach einigen Quellen auch Susy), damals 17 Jahre alt, fand 1885 auf dem Sonnborner Friedhof an der Kirchhofstraße ihre letzte Ruhe. Gezeichnet von „Blutarmut und Lungenschwindsucht“, wie die Zeitungen schrieben, und gut 15 000 Kilometer entfernt von dort, wo gut zwei Jahre zuvor der Leidensweg des Aborigine-Mädchens begonnen hatte. Im Auftrag des berühmten Zirkuspioniers Barnum hatte Robert A. Cunningham, Schausteller und Menschenjäger, Sussy mit weiteren australischen Ureinwohnern per Schiff erst nach Amerika und später nach Europa verfrachtet, um sie bei Völkerschauen als „Wilde“ präsentieren zu können.

Damit der animalische Eindruck verstärkt wurde, ließ Cunningham seinen Schützlingen noch Knochen in die Nase bohren — und kündigte sie als Kannibalen an. Nur drei der neun Aborigines sollen überhaupt die Strapazen überlebt haben. Ob sie aber jemals, wie behauptet, ihre Heimat in Queensland wiedersahen, lässt sich heute nicht mehr klären.

Cesare Lazaros Borgia, Stadtarchiv-Mitarbeiter in Solingen, verfolgt bereits seit einigen Jahren die Spur von „Prinzessin Sussy“.Um an ihr Schicksal zu erinnern, plante Borgia einen Gedenkstein auf dem Friedhof aufstellen lassen. Mit gut 2500 Euro Gesamtkosten rechnet er. Bereits im Mai 2016 kündigte der Bürgerverein Sonnborn-Zoo-Varresbeck an, die Initiative, für das Aborigine-Mädchen unterstützen zu wollen.

Im Februar war das Schicksal der jungen Frau auch Thema in der evangelischen Kirchengemeinde: „Mir war die Geschichte vorher auch nicht so bekannt“, erklärte Pfarrer Joachim Pannes, der unter anderem in der WZ darüber las. Anfang Februar dieses Jahres.

Sussy Schicksal sei sehr bewegend, weshalb die Idee aufkam, in der Konfirmandengruppe das Thema aufzugreifen. Die Jugendlichen machten sich auf die Suche nach dem Grab der Ureinwohnerin, zeichneten ihre Stationen im Wuppertal nach. „Sie waren zum Beispiel im Zoo“, erklärte Pannes. Informationen holten sich die Jugendlichen etwa aus den Zeitungsartikeln, die sich mit Sussy beschäftigten. Die Bilder unterlegten sie dann mit Texten und Musik. Fünf Minuten lang ist der Clip geworden, der im Februar im Gottesdienst präsentiert wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war auch bereits der Auftrag für einen Gedenkstein erteilt. Die Inschrift dazu hat Manfred Görgens, Journalist aus Wuppertal, verfasst, der sich intensiv mit der Geschichte von Sussy befasst und unter anderem in Archiven geforscht hat. Künstlerin Karola Krämer zeichnete für die grafische Gestaltung verantwortlich, die Symbole der Aborigines aufgreift.

Mitte Mai war es dann soweit: Der Gedenkstein auf dem Sonnborner Friedhof an der Kirchhofstraße 42 wurde mit einer würdigen Feier eingeweiht. Der „Else“-Chor trug zum Gedenken an Sussy Auszüge aus dem Aborigines-Musical „The Takeover“ des australischen Komponisten George Dreyfus (gebürtiger Barmer) vor. Marvin Dillmann spielte Didgeridoo.

Ulrich Klan, der in Doppelfunktion als Leiter des „Else“-Chores, der und Vorstand der Armin-T.-Wegner-Gesellschaft anwesend war, zitierte Else Lasker-Schüler: „Am schwärzesten Fluss der Welt lernt man erkennen, welche Menschen leuchten.“ Red

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