24 Stunden in Vohwinkel (2): Mit Blaulicht durch die Nacht

Die Polizei ist nachts in Vohwinkel unterwegs, um für die Sicherheit der Bürger zu sorgen.

Vohwinkel. So schnell kann sich die Lage ändern. Vor zehn Sekunden wurde noch entspannt im parkenden Polizeiwagen geplaudert, jetzt geht es mit Tempo über die Kaiserstraße. Grund ist ein Transporter, der wegen zu hoher Geschwindigkeit aufgefallen ist.

Doch der Verkehrsverstoß ist nicht der Hauptgrund für das beherzte Eingreifen der Beamten. Denn es handelt sich um den Fahrzeugtyp, der gern zum Verstauen von Beute bei nächtlichen Einbrüchen in Firmen und Geschäften benutzt wird — und die Täter haben es anschließend eilig.

Als der Fahrer auf die Haltesignale der Polizei nicht reagiert, schaltet Oberkommissar Wolfgang Michel das Blaulicht ein. Schließlich kommt der Kastenwagen zum Stehen. Doch statt eines Langfingers sitzt ein etwas verdutzter Mitarbeiter einer Spedition am Steuer. Es bleibt bei einem Bußgeld für zu hohes Tempo.

„Für uns ist es wichtig, verdächtigem Verhalten nachzugehen, auch wenn die Betroffenen das vielleicht lästig finden“, erklärt Polizeikommissarin Sandra Schönenberg. Es ist kurz nach halb zwei Uhr morgens und die Fahrt mit dem Streifenwagen führt durch das verschneite und zumeist menschenleere Vohwinkel. Für die idyllische Szenerie haben die Beamten keinen Blick. Vielmehr suchen sie nach Anzeichen für mögliche Straftaten. Zum Beispiel: ein voll besetztes Auto mit auswärtigem Kennzeichen oder Licht in Geschäften, wo längst Feierabend sein müsste. „Es gibt viele Signale, auf die wir achten“, sagt Wolfgang Michel. Dabei stimmen er und seine Kollegin sich mit der Wache in der Bahnstraße ab. Dort hält in dieser Nacht Hauptkommissar Uwe Kreuz die Stellung und überprüft per Funk durchgegebene Personalien. „Wir sind das Bindeglied zwischen der Leitstelle und dem Streifenwagen vor Ort“, erläutert Kreutz.

Für ihn gibt es etwas zu tun, als die Beamten auf einen parkenden BMW ohne Kennzeichen und mit laufendem Motor treffen. Der Wagen steht zwar legal an einer Privatstraße, doch die Ausweiskontrolle des Besitzers ergibt, dass dieser polizeibekannt ist. Angeblich wollte er sein Auto enteisen und hat deshalb den Motor im Stand eingeschaltet — was nicht erlaubt ist. Dafür bekommt der junge Mann eine Standpauke von Sandra Schönenberg. „Andere Leute schlafen um diese Zeit, weil sie am nächsten Tag arbeiten müssen“, redet sie ihm ins Gewissen. Auch das gehört zum Polizeidienst. „Wir sind eigentlich alles — vom Sozialarbeiter bis zum Psychologen“, sagt Schönenberg.

Dabei ist auch Improvisationstalent gefragt, etwa wenn eine verwirrte Seniorin völlig aufgelöst meldet, sie sei von Schlangen angegriffen worden. Da wird dann aus einer normalen Taschenlampe kurzerhand ein Spezialgerät zum Verscheuchen der imaginären Reptilien. „Die Dame hat sich dann sofort wieder beruhigt“, erzählt Wolfgang Michel. Neben solch eher kuriosen Vorfällen gibt es aber immer wieder Einsätze, die den Polizisten alles abverlangen. Dazu gehören Verkehrsunfälle mit Verletzten und Toten. „Ich musste einmal eine Todesnachricht an die Angehörigen überbringen, das war hart“, erinnert sich Michel.

In solchen Fällen gibt es danach Gespräche mit den Kollegen. Trotz möglicher traumatischer Erlebnisse und Nachtschichten ist der Polizeidienst für die Beamten ein Traumberuf. „Nicht zu wissen, was die nächsten acht Stunden bringen, macht den Reiz aus“, sagt Sandra Schönenberg.

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