Zieht der Martinszug zum letzten Mal durch die Nordstadt?

Der 60. Zug könnte auch der letzte sein — es fehlen die Ehrenamtlichen und die Sponsoren.

Nordstadt. Siegfried Beise kann sich noch genau erinnern. Vor über 40 Jahren ging er mit Tochter Sabine zum Martinszug in die Nordstadt. „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind“, wurde natürlich aus vielen Kehlen geschmettert. Sabine war begeistert. Inzwischen ziehen ihre Kinder mit und freuen sich auf das Ereignis. Laternen, St. Martin zu Pferde, Martinsfeuer und Weckmann.

Doch etwas ist anders, wenn der Martinszug am Samstag durch die Nordstadt zieht. Wehmut kommt nicht nur bei Beise auf: Es wird der letzte Martinszug sein, wenn nicht ein Wunder geschieht. Ausgerechnet zum 60. Zug. Früher begleiteten viele Helder und Sponsoren den Martinszug, diesmal bleiben sie aus. „Musik und Versicherung kosten viel Geld, wer will heute schon von Tür zu Tür laufen und dafür sammeln“, sagt Beise.

1953 wurde der Martinszug von der Schulpflegschaft und den Lehrern der katholischen Volksschule Wiesenstaße ins Leben gerufen. Als diese Schule geschlossen wurde, übernahm die Schulgemeinde Markomannenstraße, der katholische Kindergarten Ludwigstraße und der evangelische Kindergarten Höchsten gemeinsam mit dem Arbeitskreis Martinszug der Herz Jesu-Pfarre Elberfeld den Zug.

Der Martinszug hat Tradition: 1955 begleitete ein Wagen mit lebenden Gänsen und einer Gänseliesel den Zug. 1957 zogen 5000 Menschen, darunter 1500 Kinder hinter St. Martin, durch die Straßen. 1960 fiel der Zug aus, es regnete zu heftig. Die Zugteilnehmer verteilten sich in der Schule, sangen Martinslieder und die Kapelle spielte in den Gängen. Als 2003 die Reiterstaffel der Stadt aufgelöst wurde, stellte eine Reitschule ein Martinspferd. „Viele Exemplare waren darunter. Dicke und schlanke Pferde, eines hat sich mal so erschrocken, das es scheute und auf einem parkenden Auto landete. Später haben wir darüber gelacht. Es war ja nichts passiert“, sagt Beise.

2007 waren der Turm und die Fenster der Herz-Jesu-Kirche erleuchtet. „Es sah aus wie eine Riesenfackel in unserer Nordstadt“, sagt Beise. Nach dem Zug mit Mantelteilung auf dem Bertha-von-Suttner-Platz gab es heiße Getränke und die ersehnten Weckmänner auf dem Schulhof. In den 60 Jahren hat sich auch beim Martinszug einiges verändert. Die Laternen sind zumeist gekauft, haben Batterien statt Kerzen. Zuletzt gingen etwa 500 Kinder mit. Sankt Martin ist auch immer öfter eine Frau. Samstag soll es noch mal fröhlich und besinnlich werden. Und vielleicht geschieht doch noch ein Wunder und im nächsten Jahr zieht St. Martin zum 61. Mal durch die Nordstadt.

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