"Wir lassen uns nicht auspusten"

Lichterwege: Hunderte Wuppertaler protestieren gegen die Spar-Politik des Landes.

Ostersbaum. Da ist er wieder der Wuppertaler Geist. Die Holsteiner Treppe erstrahlt in buntem Licht - tausende rote, gelbe, blaue und lila-marmorierte Lampen scheinen wie zufällig aufgestellt und beleuchten Schriften auf den Stufen der Treppe: "Jauchzen", "schlechtes Gewissen" oder "Ahnung".

Ein Didgeridoo-Spieler steht in der Mitte der langen Flucht und begleitet die Schaulustigen die Treppe hinauf. Angelo (13) und Fabio (8) wissen genau was los ist: "Heute sind die Lichterwege", viele der Lämpchen haben sie in der Schule gebastelt, sagen sie stolz. Für ein paar Stunden lassen sie den Ostersbaum in neuem Licht erscheinen.

Auf den Treppen und Durchgängen herrscht dichtes Gedränge, der gesamte Stadtteil scheint auf den Beinen - Chöre, Bläsergruppen, mit kleinen Lämpchen verzierte Stelzenläufer, die wie wandelnde Tannenbäume wirken, schmücken das skurrile Treiben. "Toll, das mit Teelichtern so viele Menschen aktivieren, so vie Emotionen auslösen kann", sagt Wolf Birke begeistert.

Bereits zum zehnten Mal jährte sich das Licht-Ereignis, das ein Vorzeigeprojekt der Stadtteilentwicklung Ostersbaum gilt. Wenn es nach dem Land geht, war es das letzte Mal. Die versprochenen Fördergelder für die Projekte "Soziale Stadt" und "Stadtumbau West" sind gestrichen, da Wuppertal den Eigenanteil nicht aufbringen darf.

Die Wuppertaler nahmen die Lichterschau zum Anlass gegen die Sparpolitik des Landes zu protestieren. Gegen acht Uhr verwandelt sich das Lichterfest in eine leuchtende Karawane. Mit Trommeln und Trillerpfeifen wandern Hunderte die Flensburger Straße in Richtung Neumarkt hinunter - der Neptun-Brunnen wird von Feuerschluckern in Beschlag genommen.

Wenig Worte sind nötig, es scheint alles gesagt. Auf dem Banner steht "Wir sind das Licht vom Ostersbaum - wir lassen uns nicht auspusten". Anstatt zu reden, singen die Demonstranten ein Lied: "Wir werden überleben". Worum es geht? "Positiv in die Zukunft schauen, zusammenhalten", sagt Angela König und ihr Begleiter fügt an: "Es geht um die Basis.

Es wird an falscher Stelle gespart, das müssen wir aufzeigen". Das Stadtteilbüro sei Herz und Motor der Stadtteilentwicklung, weiß Sozialdezernent Stefan Kühn. Sportfeste, Sprachförderung, oder Bürgerbeteiligungsprojekte seien dort organisiert worden. Dramatisch nennt es Kühn, die Stadtteilentwicklung mit einem Federstrich auf Null zu setzen. Denn ohne die Förderungen "werden wir bald viel mehr Geld ausgeben müssen, für Sozialarbeiter und Hartz IV."

Eine gute Nachricht gibt es am Ende aber doch: Viele haben gespendet - so ist ein Grundstock für die elften Lichterwege gelegt.

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