Elberfeld Schwere Zeiten für Einzelhändler

Die großen Filialen erobern die Fußgängerzonen. Damit machen sie Innenstädte wie in Elberfeld austauschbar.

Elberfeld: Schwere Zeiten für Einzelhändler
Foto: Stefan Fries

Elberfeld. Die großen Filialisten erobern die Innenstädte. Inhabergeführte Geschäfte und Unternehmen mit langer Tradition sind auf dem Rückzug. Das Spielzeugparadies Müller hat 105 Jahre nach seiner Gründung den Preiskampf aufgegeben, das Wäschegeschäft auf der Calvinstraße hat seinen Standort ebenfalls aufgegeben. Zurückgeblieben sind leere Schaufenster und das Schild mit der Suche nach einem neuen Mieter. Im Internet können sich bereits Interessenten für die Metzgerei einige Häuser weiter bewerben. Sie schließt zum Ende des Jahres.

Elberfeld: Schwere Zeiten für Einzelhändler
Foto: Anna Schwartz

„Es ist sehr schade, dass die kleinen Fachgeschäfte verschwinden. Denn mit den großen Ketten ist das Stadtbild austauschbar“, sagt Claudia Borsch. Sie führt das gleichnamige Optiker-Geschäft gemeinsam mit ihrem Vater. „Er ist seit mehr als 50 Jahren in Elberfeld.“ Noch immer steht er mit im Laden, berät die vielen Stammkunden und schleift Gläser in die Fassungen ein. „Wir haben oben eine komplette Werkstatt und bieten auch Reparaturen an. Als Fachkräfte wissen wir, wovon wir sprechen“, betont Claudia Borsch. Beratung und Service nimmt sie sehr ernst. „Wir wissen es zu schätzen, wenn die Kunden trotz der B7—Sperrung kommen.“

Die blockierte Hauptverkehrsader der Stadt macht sich bei Jürgen Spillmann finanziell bemerkbar. „Die Umsätze sind um 30 bis 35 Prozent eingebrochen“, sagt der Inhaber des Obst- und Gemüsegeschäftes an der Calvinstraße. Er fährt noch jeden Morgen selbst zum Großmarkt, um seine Ware auszusuchen. „Vieles muss ich probieren — und da liegt der Unterschied zu den Discountern. Es ist eine andere Qualität und viele Kunden sagen, sie schmecken das auch“, betont Jürgen Spillmann.

Zusätzlich ist er vor zehn Jahren ins Netz gegangen und hat sich dort mit dem Handel von Trockenobst ein zweites Standbein geschaffen. Als einer der größten Spezialisten auf diesem Sektor liefert er deutschlandweit, aber auch nach Österreich und die Benelux-Länder. „Das rettet mich jetzt“, sagt Spillmann. Er geht davon aus, dass in nächster Zeit noch mehr Kollegen aufgeben. Er selbst kann sich vorstellen, in fünf Jahren seine Produkte nur noch online zu verkaufen.

Die Entwicklung sieht Ralf Engel kritisch. Der Geschäftsführer des Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes Wuppertal möchte den inhaberhabergeführten Handel nicht nur erhalten, sondern aufwerten. „Das Angebot muss sich deutlich von dem in den großen Zentren unterscheiden. Denn Geschäfte, die etwas besonderes bieten, ziehen Kunden von außerhalb an.“ Als Beispiel nennt er die Pioniere am Ölberg, die sich mit einer T-Shirt- und einer Taschenmanufaktur selbstständig gemacht haben.

Doch solange Vermieter 85 Euro pro Quadratmeter verlangten und diese Preise vor allem Telefonketten und Ein-Euro-Shops zahlen könnten, werde sich wenig ändern. Ralf Engel arbeitet daher an einem Konzept, das Handel und Industrie, aber auch die Bürger miteinbezieht. „Wir brauchen ein Netzwerk Innenstadt, bei dem alle mitmachen.“ Konkrete Ideen hat er bereits — allerdings nicht druckreif.

Für Unterstützung wäre Jens Grimm als Inhaber der gleichnamigen Konditorei dankbar. Er setzt industriellen Produkten handwerkliche Qualität entgegen. „Viele Unverträglichkeiten entstehen aus Zusätzen, die bei unseren Teigen gar nicht erst entstehen.“ Doch wenn die Personal- und Energiekosten weiter so wie bisher steigen, würde es auch für ihn schwierig werden. „Für die inhabergeführten Betriebe wird hier einfach zu wenig getan.“

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